| In der griechischen Mythologie war es keinesfalls so, 
          daß die den Olymp bewohnenden GöttInnen schon immer regiert 
          hätten. Nach den Vorstellungen der ältesten griechischen dichter 
          beginnt das erste GöttInnengeschlecht mit Uranos, der Personifikation 
          des Himmels. Hervorgebracht hat ihn Gaia, die Erde, um sich dann selbst 
          mit ihm zu vermählen. Aus dieser Verbindung entstehen die Titanen, 
          Hekatoncheiren und Kyklopen.
 Die sechs Titanen (Koios, Kreios, Hyperion, Japetos, Okeanos und Kronos) 
          werden nach ihrem Vater auch Uraniden genannt. Sie haben sechs Schwestern: 
          Theia, Rhea, Mnemosyne, Phoibe, Thetys und Themis. Diese als weibliche 
          und männliche Kraft gepaart vorgestellten Gottheiten bedeuten die 
          Urkräfte der Natur, die bei der Entstehung der Welt gewirkt haben.
 
 Die drei Hekatoncheiren - hundertarmige Wesen - sind Kottos, Briareos 
          und Gyges bzw. Gyes. Sie sind Personifikationen der furchtbaren Kräfte 
          der Meereswogen, die erschütternd wie Erdbeben wirken.
 
 Von den Kyklopen sind uns drei Namen überliefert: Brontes (der 
          Donner), Steropes (der Blitz) und Arges (der Leuchtende). Mit lediglich 
          einem flammenden Auge in der Mitte der Stirn ausgestattet, sind sie 
          Versinnbildlichungen der Wetterwolke mit dem leuchtenden und zündenden 
          Blitz nebst dem krachenden Donner. Da nun die Erscheinungen vulkanischer 
          Ausbrüche mit denen des Gewitters den damaligen Menschen als ähnlich 
          erscheinen, wird der Wohnsitz der Kyklopen in feuerspeiende Berge, namentlich 
          den Ätna auf Sizilien, verlegt. Dort helfen sie als Gesellen dem 
          Hephaistos beim Schmieden der Blitze.
 
 Da alle diese übermenschlichen Wesen die furchtbarsten Naturkräfte 
          symbolisieren, werden sie als ungeheure Riesen dargestellt, und der 
          dichterische Mythos berichtet, daß selbst Uranos ihre Gewalt und 
          Stärke als Gefahr für seine Regierung ansieht und sie in den 
          Tartaros verstößt, wo er sie gefangenhält.
 
 Seine Gattin Gaia schmerzt jedoch das harte Schicksal ihrer Kinder. 
          So bewaffnet sie Kronos mit einer stählernen, von ihr gefertigten 
          Sichel. Nachdem Kronos mit dieser seinen Vater unheilbar verwundet, 
          befreit der die Titanen aus der Unterwelt. Diese vermählen sich 
          nach dem Tode ihres Vaters mit den Schwestern und hinterlassen ein zahlreiches 
          GöttInnengeschlecht.
 
 Dazu kommt noch, daß aus den bei der Verwundung Uranos herabfallenden 
          Blutstropfen die mit Drachenfüßen ausgestatteten Giganten 
          entstehen, ferner die Melischen Nymphen - das sind die Nymphen der Eschen, 
          aus denen die Kriegslanzen gefertigt werden - sowie die Erinnyen (Tisiphone, 
          Megaira und Alekto), die Rachegeister, durch die Verbrecher (ursprünglich 
          lediglich Vatermörder) mit schrecklichen Qualen gemartert werden.
 
 Im Geschlecht der Uraniden finden sich die Vorstellungen aller Himmelskräfte 
          - die erzeugend, zerstörend und als sichtende Kraft auf das menschliche 
          Dasein wirken - als persönliche Wesen dargestellt. Von Uranos selbst 
          geht die Fruchtbarkeit aus, die die Erde vom Himmel her in der Feuchtigkeit 
          des warmen, befruchtenden Regens empfängt.
 
 bä
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