1. Die Losung der Renatuther 
            Brüderversammle für April 2403 steht im achten Kapitel des 
            Freiheitsevangeliums:
          ,Jedem anderen würde ich raten, Renate 
            zu fragen, antwortete Sabine,
            ,aber dir schlage ich vor, die Reichen dazu zu bringen, den Armen 
            zu helfen.
            (EvFrei 8,19)
          Liebe Leser!
            Vor einigen Jahren erhielt ich einen Brief mit folgendem Inhalt: Lieber 
            Herr Versammlungsleiter, hoffentlich nehmen Sie es mir nicht übel, 
            wenn ich Ihnen dies schreibe. Es handelt sich nämlich um eine 
            etwas heikle Angelegenheit: nicht um mich, sondern um Sie. Sie sind 
            seit einiger Zeit so chronisch nervös und überlastet, daß 
            man sich kaum traut, Sie anzusprechen. Wenn Sie mir in letzter Zeit 
            die Frage danach stellten, wie es mir gehe, dann hatte ich immer den 
            Eindruck, daß ich darauf höchstens mit zwei kurzen Worte 
            antworten dürfe, weil Sie immer so viel im Kopfe und im Herzen 
            haben, daß Sie eigentlich schon woanders sind.
          Wir haben einen Versammlungsleiter, der sich um alle und alles kümmert, 
            der von einer Besprechung zur nächsten Sitzung eilt, Besuche 
            macht, für alle da sein will - aber, ob er überhaupt noch 
            zu sich selber kommt? Ich höre Sie jetzt seufzend fragen, was 
            Sie denn machen sollen. Das ist meine Antwort: Das sollen machen, 
            was Ihre Aufgabe in der Versammlung ist - nämlich auf Renate 
            zu hören; mehr horchen als reden, mehr lesen als schreiben. Nicht 
            alles tun wollen! Auch einmal eine Aufgabe an andere delegieren. Vieles 
            unserer Renate und manches anderen Versammlungsmitgliedern überlassen. 
            Darf ich Ihnen das um Ihretwillen und um unserer Versammlung willen 
            raten?
            Herzliche Grüße, Ihr Jens-Uwe Schirgulski [Name geändert].
          Dieser Brief gab mir einiges zu denken und veranlaßte mich, 
            manches in meinem Leben als Versammlungsleiter zu ändern - es 
            hat funktioniert.
          Auch die diesmonatige Losung führt uns gedanklich in diese Richtung. 
            Sabine gibt Renate eine Rat. Nicht jeder Anhänger dürfte 
            sich erlauben, sein Vorbild so offen und direkt zu kritisieren. Vor 
            allem nicht, wenn es sich um so ein bedeutendes Vorbild wie Renate 
            handelt. Renate ist ja ganz erfüllt von ihrer Tätigkeit. 
            Buchstäblich in langen Schlangen warten die Belasteten darauf, 
            von Renate entlastet zu werden. Sabine ist zu Besuch bei Renate. Sie 
            bekommt einiges mit. Sie hat gesehen, daß das bekannte Model 
            Lara Laufsteg Renate zu sich gebeten hatte, nur wegen zu großer 
            Schuhe. Währenddessen warteten aber viele Menschen mit wirklichen 
            Lasten vergeblich auf Renate (EvFrank 8,16).
          Sabine spricht nicht mit Renate, weil sie sich wichtig machen will. 
            Nein, sie ist nicht nur ihre Anhängerin, sie ist auch ihre Freundin; 
            und ihr geht es um das Wohl der vielen Menschen, die auf Renate hoffen. 
            Sie soll nicht alles Mögliche tun, darf einiges anderen überlassen 
            und ihrem Urteil viel zutrauen. Sie soll wissen, daß die Zukunft 
            der Lehre vom Lastenausgleich nicht von ihrem pausenlosen Diensteifer 
            abhängt. Renate darf getrost darauf vertrauen, daß andere 
            in ihrem Sinne Lasten tauschen werden. Und so tat sie es auch!
          Renanata!
            Dr. Peter Renz, Stuttgart 
          
          
            2. Zeittafel zur Renatistengeschichte
          Wir wurden mehrfach darauf hingewiesen, daß wir als studierte 
            Renatiker heutzutage nicht mehr voraussetzen können, daß 
            die breite Bevölkerung die Daten des Renatismus noch allgemein 
            präsent hat. Deshalb soll hier zur besseren zeitgeschichtlichen 
            Einordnung der vom Renate-Ceryx-Team derweil behandelten Fragestellungen 
            ein chronologischer Überblick über die renatistengeschichtlich 
            relevanten Ereignissen vom Tode Renates bis in unsere Zeit gegeben 
            werden. Wir folgen hierin der überarbeiteten Zusammenstellung 
            von Professorin Dorothea Söller-Bolkonski im zweiten Band der 
            Renatika-Neuausgabe.
            
             2000
            Renatistenfeindliche Logistiker halten sich zu den Lakariern.
            22. Mai: Renate wird durch Lakarier ermordet.
            Erste große Spaltungswelle unter den Logistikern.
            Erste Renatistenversammlungen bilden sich in den deutschen Großstädten 
            und in Puppenlappen.
          2001
            Prozeß gegen die Lakarier, die Renate ermordet haben, führt 
            zu deutschlandweiten Aushebungen von paramilitärischen Lakariereinrichtungen. 
            Dennoch kommt es zu verhältnismäßig milden Urteilen.
            Vorwürfe kommen auf, daß die Justiz von prolakarischen 
            Logistikern unterwandert sei.
            In den Renatistenversammlungen werden einstige Freunde und Bekannte 
            von Renate tonangebend.
            Reger Briefaustausch zwischen den Versammlungen entwickelt sich.
          2009
            Große Spaltung in der Organisation der Lakarier. Ihre militante 
            Gruppe bildet die Neo-Lakarier.
            Die Renatisten gewinnen auch in den ländlichen Teilen Deutschlands 
            durch sog. Lastenausfahrten verstärkt Anhänger.
          bis 2013
            Ständige bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen, 
            bei denen die sog. Ortholakarier, zu denen sich die sog. Rechtslogistiker 
            hingezogen fühlen, systematischen Massakern durch die Neo-Lakarier 
            zum Opfer fallen.
            Die renatistischen Logistiker gehen langsam in den Renatisten auf 
            und entgehen somit der Verfolgung durch die Neo-Lakarier. Da die Renatisten 
            völlig unpolitisch und gewaltfrei sind, stellen sie für 
            deren Ziele noch keine Gefahr dar.
          2014-2019
            Nachdem die Ideologie der Neo-Lakarier für kurze Zeit auf andere 
            europäische Länder übergreift, gelingt ein umfassendes 
            Verbot durchzusetzen. Damit werden diese jedoch in den Untergrund 
            getrieben und verlagern ihre Operationsbasen zum Teil nach Lateinamerika. 
            Das stärkt den von außen unkontrollierbaren Ausbau ihrer 
            Organisation und Administration.
            Die Leiter der örtlichen Versammlungen schreiben vor dem Hintergrund, 
            daß einige enge Freunde Renates bereits verstorben sind, vor 
            allem Mahn- und Lehrbriefe, die an die Ursprünge der renatistischen 
            Idee erinnern.
            Die Versammlungen tauschen untereinander Kopien dieser Briefe sowie 
            von Episoden aus Renates Leben (vorzugsweise per E-mail) aus.
            Mittlerweile hat sich in Deutschland wieder eine rechtslogistische 
            Struktur entwickelt, unter deren Deckmantel sich viele Neo-Lakarier 
            sammeln. Als deren Anführer Arnold von Naparte-Braun aus seinem 
            Exil in Blumenau/Brasilien nach Europa zurückkommt, gelingt es 
            ihm binnen kurzem, die Macht in Deutschland an sich zu reißen.
            Wegen ihrer Gewaltlosigkeit und großen Beliebtheit, empfinden 
            die Neo-Lakarier die Renatisten als Bedrohung. Eine erste systematische 
            Renatistenverfolgung setzt ein.
          ab 2019
            Die sog. Zeit des Stillstandes unter der Herrschaft der Neo-Lakarier 
            führt zur schrittweisen Einschränkung aller Korrespondenzwege 
            und des Informationsaustausches. Beginnend bei der Rohrpost, sind 
            am Ende sogar private Reisen verboten. Ziel ist, den freien Gedankenaustausch 
            zu unterbinden und somit organisierte Aktionen gegen die Neo-Lakarier 
            unmöglich zu machen.
            Alle Freunde Renates und die meisten anderen Versammlungsleiter werden 
            mit dem Ziel, die Renatisten in ihren Strukturen tödlich zu treffen, 
            inhaftiert. Es gelingt jedoch, den Kontakt unter den Versammlungen, 
            sowie durch geschmuggelte Briefe mit den Leitern aufrechtzuerhalten.
            Immer mehr Episoden aus Renates Leben tauchen auf, werden von Ort 
            zu Ort getragen und sind vielfältigen Veränderungen ausgesetzt.
            Den Lakariern bleibt dies nicht verborgen. Sie verbieten nicht nur 
            die Versammlungen, sondern greifen zu bewußten Geschichtsfälschungen. 
            Immer mehr Episoden mit einem negativen Renate-Bild (als Alkoholikerin 
            oder Nymphomanin) tauchen auf.
            Verschiedene Renatiker reagieren darauf und auf die zunehmende Inflation 
            positiv überzeichneter Renate-Episoden durch Zusammenstellung 
            von als authentisch geltenden Erzählungen (vgl. VitRen, Q).
          2025
            Nach Absprache des aus Deutschland emigrierten Europakanzlers mit 
            der Weltkulturorganisation der UNO wird in einem paneuropäischen 
            Blitzkrieg erstmalig die K-Bombe auf den Berliner Dom abgeworfen. 
            (Die K-Bombe [Kulturdenkmalbewahrungsbombe] verursacht lediglich im 
            unmittelbaren Einschlagsbereich eine Vernichtung der Bebauung. Ihre 
            Wirkstoffe töten danach in einem Umkreis von über 50km jede 
            Art von Lebewesen. Die frühen K-Bomben waren jedoch noch nicht 
            ganz ausgereift, so daß Spätschäden auch an totem 
            organischen Material - wie Bauhölzern - auftraten.) Damit werden 
            in der Hauptstadt alle lakarischen Anführer getötet.
            Durch die K-Bombe sterben auch alle in Berlin inhaftierten Versammlungsleiter. 
            Damit gewinnen die Zusammenstellungen von Renate-Episoden für 
            die Versammlungen immer größere Bedeutung.
            In den übrigen Teilen Deutschlands kommt es zu massiven Rachefeldzügen 
            gegen Neo-Lakarier. Tonangebend sind hierin die VERTRANS (die bereits 
            im Untergrund gebildete Vereinigte Transportgewerkschaft) und die 
            Postgewerkschaft.
            Allmählich bilden sich Kriterien heraus, die die Auswahl der 
            Schriften bestimmen. Für die Briefe gilt hierbei früh der 
            Grundsatz, daß sie von Menschen stammen müssen, die Renate 
            bereits zu ihren Lebzeiten gekannt haben. So bleiben die pseudepigraphen 
            Susannebriefe in Anerkennung
            Der nach dem Ende des Stillstandes schier inflationären Verbreitung 
            von Episoden aus Renates Leben soll damit Einhalt geboten werden, 
            daß nur noch bestimmte Zusammenstellungen für den Versammlungsgebrauch 
            als verbindlich erklärt werden. Aus diesen Bemühungen heraus 
            entwickelt sich die Exegetische Renatik. In einer Tagung von Delegierten 
            aus fast allen Versammlung werden hierzu Grundsätze erarbeitet. 
            In den Kanon werden nur noch Schriften aufgenommen, die bereits früh 
            bezeugt sind und bestimmten angesehenen Persönlichkeiten zugeschrieben 
            werden. So gilt Michael Wohlmeyer als Autor der VitRen, da 1Nuß 
            5 sehr ähnlichen Wortlaut aufweist. EvFrei gilt als von Ruth 
            verfaßt, weil diese darin als Freundin Renates neben Susanne 
            relativ häufig Erwähnung findet. Zu EvFrank existiert eine 
            Legende, wonach Renate selbst dem Autor den Auftrag gegeben habe, 
            es zu verfassen.
          ab 2026
            Um sowohl weitere Lynchjustiz als auch ein erneutes Aufkommen (neo-) 
            lakarischer Ideologien zu verhindern, werden dessen Anhänger 
            hingerichtet und alles, was an diese erinnert, systematisch ausgerottet.
            Beginnende innerreatistische Streitigkeiten, wie mit der Vielzahl 
            verschiedener Aussagen über Renate umzugehen sei. Erste Ansätze 
            zur späteren Systenatik bilden sich, die ein einheitliches Lehrgebäude 
            zu erstellen versuchen.
            Die großen Hinrichtungswellen führen dazu, daß immer 
            mehr Denunziationen aufkommen, da viele hierin eine Möglichkeit 
            erblicken, Gegner auszumerzen. Am medienträchtigsten ist der 
            »Knallerbsenstrauchskandal«, bei dem eine psychopathische 
            Nachbarin eine siebenköpfige Familie aus nichtigen Gründen 
            der Guillotine auslieferte.
            Die Renatisten vermögen den Gewalttendenzen nur ungenügend 
            Einhalt zu gebieten, was ihrem Ansehen zum Teil schadet.
          2037
            Durch die ständig möglichen Denunziationen lebt das Land 
            in Angst und Schrecken. Fast das gesamte Staatshandeln kommt zum Erliegen. 
            In dieser Situation wird die Renatistin Constance zur Autokratin. 
            Sie nimmt allem Volk die Lasten und schafft somit wieder Vertrauen 
            und ein Ende der schrecklichen Zeit.
            Dadurch, daß die höchste Person im Staat selbst Renatistin 
            ist, erlebt der Renatismus einem erheblichen Aufschwung.
            Gleichzeitig bilden sich feste Versammlungs- und Organisationsstrukturen 
            heraus. Der Renatismus wird analog zu den constancischen Herrschaftsstrukturen 
            immer hierarchischer. Männer werden aus ihren Ämtern verdrängt. 
            Der Versammlungsleiterin in Renates Geburtsstadt Puppenlappen kommt 
            als Supraversammlungsleiterin immer stärker das Primat zu. Ihr 
            unterstehen am Ende dieser Entwicklung die Hyperversammlungsleiterinnen, 
            diesen die Generalversammlungsleiterinnen, diesen die Oberversammlungsleiterinnen 
            und diesen wiederum die Versammlungsleiterinnen. Den einzelnen Versammlungsmitgliedern 
            kommt kaum noch ein Mitspracherecht zu.
          ab 2037
            An den Universitäten entstehen erste Lehrstühle für 
            Renatik. Zunächst ist es uneinheitlich, an welcher Fakultät 
            dieser angesiedelt wird. In Berlin ist er zeitweilig sogar dem Forschungsbereich 
            für Frauenfragen an der Landwirtschaftlich-gärtnerischen 
            Fakultät angegliedert, weil sich Philosophie I und III nicht 
            über ihre Zuständigkeit einigen können. Erst als die 
            renatikischen Fachbereiche sich in Exegetische Renatik, Renatistengeschichte, 
            Systenatik und diverse Nebenfächer (u. a. Logistikforschung) 
            spalten, wird in Berlin eine eigene Renatikische Fakultät gegründet, 
            worin andere Universitäten allmählich nachziehen.
            Die vielfältigen Bemühungen, aus gefälschten Schriften 
            den ursprünglichen Gehalt zu rekonstruieren, glücken selten, 
            da nicht immer eine tatsächliche renatistische Schrift voraussetzbar 
            ist
            Großer systenatischer Streit, inwieweit die sog. apokryphen 
            Schriften für ein renatikisches Lehrgebäude den kanonischen 
            gleichzusetzen seien.
          2041
            Constance I. läßt eine Tagung in Berlin einberufen, an 
            deren Ende die sog. Apokryphiker verdammt werden.
            Der Kanon der anerkannten Schriften (Lebensbeschreibungen und Briefe) 
            wird unter dem Titel »Renatika« zusammengefaßt und, 
            mit Überschriften sowie einer Kapitel- und Verseinteilung versehen, 
            erstmals als zusammenhängendes Werk ins Internet gestellt. Damit 
            geraten die übrigen Renate-Erzählungen zunehmend außer 
            Gebrauch und (bis auf den Clementinebrief) in Vergessenheit.
            Constance I. führt Regelungen ein, die faktisch ein Promotionshindernis 
            und Habilitationsverbot für Männer in den renatikischen 
            Studienfächern bedeuten.
          2117
            Neue große systenatische Streitigkeiten um die rechte Lehre 
            vom Lastenausgleich kommen auf und führen zu Parteienspaltungen.
          2160
            Erste Untersuchungen, wonach auch die kanonischen Schriften nicht 
            immer den historischen Tatsachen entsprechen.
          ab 2163
            Die Positionen zwischen den sog. Neuexegeten und den Orthosystenatikern 
            verhärten sich. Als Folge entstehen verschiedene Bekenntnisformeln, 
            von denen der durch Leo Pold, dem Sohn des großen Dr. Leo Polds, 
            herausgegebene »Große Segen Renates« (volkstümlich 
            »Kleiner Katechismus Dr. Leo Polds« genannt) am bekanntesten 
            wird.
            Am Ende dieser Entwicklung stehen sich die neuen neuexegetisch-poldeïschen 
            den orthosystenatisch-puppenläppischen Versammlungen unversöhnlich 
            gegenüber. Erstere lösen sich von der Supraversammlungsleiterin 
            in Puppenlappen, sind jedoch gezwungen, statt dessen das Primat der 
            Enkelin Constances I. - Constantina-Friederike I. - auch in Fragen 
            des Renatismus für sich anzuerkennen.
          2170
            In Abgrenzung zum festgefahrenen exegetisch-systenatischen Streit 
            gründet Baronin von Zitzewitz auf ihrem Gut die Renatuther Brüderversammle. 
            Sie denkt, die Spaltungen dadurch zu überwinden, daß sie 
            ganz an die Anfänge des Renatismus anknüpft und einen Lastenausgleich 
            aus der Innerlichkeit heraus propagiert. Dieses Ansinnen wird als 
            sog. Renapismus bezeichnet. Dabei wird das Wort gemeinhin falsch gedeutet, 
            weil in Anknüpfung an ursprüngliche Praktiken auf Grund 
            von EvFrei 5,24-29 in diesen Versammlungen das Initiationsritual aus 
            einem Ganzkörperbad im Urin aller Versammlungsmitglieder besteht. 
            In Wahrheit ist der Namen dem Griechischen entlehnt und bedeutet »Vertrauen 
            auf Renate« (pistis = Vertrauen).
          ab 2209
            Als Bewegung gegen die Einmischung des Staates in Fragen des Renatismus 
            begründet die durch den Zeitgeist der Ramontik (benannt nach 
            Ramon Dorkas) beeinflußte Professorin Friederike Daniela Tuchweber 
            (2168-2234) die Liberale Renatik. Sie gilt auch als Initiatorin der 
            Praktischen Renatik. Ihrer Grundauffassung nach sei der Mensch von 
            Natur aus ein renatistisches Wesen. Es gehöre zur Anthropologie, 
            daß der Mensch ein Lastengefühl habe und dies ausgleichen 
            möchte. Renatik sei weder ein logistisches noch ein systenatisches 
            Gedankengebilde.
            Zu einer der bedeutendsten Vertreterinnen gegen Ende der Liberalen 
            Renatik gehört Adele von Hartnäckig (2251-2330). Als Professorin 
            für Renatistengeschichte vertrat sie einen unsystenatischen Pragmatismus, 
            wenngleich ihr starke Antilogistik nicht abzusprechen ist. Zu ihren 
            Hauptschriften zählt »Renate, die Mutter, und der unendliche 
            Wert des Lastenausgleichs«.
          2314
            In Abgrenzung zur festgefahrenen Liberalen Renatik entwickelt sich 
            die sog. Dialektische Renatik. Allerdings birgt sie von Anfang an 
            keine einheitlichen Lehrströmungen. Besonders deutlich wird dies 
            am Problem um die logistische Renatik. Dabei ging es um die Fragestellung, 
            inwieweit in Aussagen der Logistiker bereits Lehren der Renatik enthalten 
            und für diese als relevant zu erachten seien.
          2323
            Die unterschiedlichen Auffassungen werden nahezu unüberbrückbar, 
            als Carola Damenbarth (2286-2368) ihre programmatische Schrift »Nein!« 
            veröffentlicht. Danach haben als Grundlage für die Renatik 
            allein die als verbindlich anerkannten Renate-Schriften zu gelten. 
            Zwar heißt es in 1Nuß 1,14, daß auch die Logistiker 
            vieles von den Lehren und Prophezeiungen Renates verstehen, dennoch 
            dürfen logistische Auffassungen nicht Gegenstand der Renatik 
            werden. Später modifiziert sie diese Meinung (z. B. durch die 
            Schlichterlehre), hält aber daran fest, daß die Wege zum 
            wahren Lastenausgleich allein in den kanonischen Schriften offenbart 
            seien.
            Dagegen meint die durch C. Damenbarth beeinflußte Editha Bonnfer 
            (2306-2345), daß der Mensch als Denkender selbstverständlich 
            auch einer Logik unterworfen sei. Dies biete durchaus einen Anknüpfungspunkt 
            für die logistische Renatik.
          2333
            Die letzte Nachfahrin Constances I. stirbt kinderlos. Die von ihr 
            als Nachfolgerin eingesetzte Julia Karola bricht mit dem Prinzip der 
            Autokratie und führt eine demokratische Verfassung ein, die sie 
            nur noch repräsentatives Staatsoberhaupt sein läßt.
          2333-2345
            Daraus entwickeln sich innerhalb des neuexegetisch-poldeïschen 
            Renatismus schwerste Spaltungen in die sog. Bodenständigen Renatiker 
            (BR) und die Constancischen Renatiker (CR). Für die BR gilt der 
            Renatismus als unabhängig von jeder Staatsform, was auch in den 
            Anfängen begründet sei. Zu ihnen gehören u. a. Carola 
            Damenbarth und Edith Bonnfer. Zunächst haben die CR, die massiv 
            für die Restauration einer renatistischen Autokratie kämpfen, 
            die zahlenmäßig größere Anhängerschaft, 
            bis E. Bonnfer einem CR-Anschlag zum Opfer fällt. Dies erschüttert 
            zutiefst die lastenausgleichende Glaubwürdigkeit der CR. Sie 
            können sich mit ihren politischen Forderungen nicht durchsetzen.
          ab 2345
            Nachdem die Anhänger der BR ihren Sieg davongetragen haben, werden 
            an den Universitäten die einstigen CR-Anhänger ausgegrenzt, 
            und es entwickelt sich ein ausgesprochener BR-Totalitarismus, der 
            jede abweichende Lehrmeinung unterdrückt und sich extrem pro-damenbarthisch 
            gibt.
            Diese offizielle Abkehr von den CR kann jedoch nicht verhindern, daß 
            die neuen, renatefeindlichen Machthaber beginnen, jeden Renatismus 
            zu unterdrücken. Alles, was an Renate erinnert, wird aus dem 
            Staatshandeln verbannt, Renatismusunterricht an den Schulen verboten, 
            die Ausübung des Lastentausches ins Private gedrängt.
          ab 2350
            Immer mehr vergessene Schriften über das Leben Renates (Apokryphen) 
            werden wiederentdeckt. Damit taucht auch wieder die Frage nach dem 
            alleinigen Offenbarungscharakter der Renatika auf, zumal deren Tatsachenwert 
            immer mehr angezweifelt wird.
            Die exegetische Renatikprofessorin Rudolfa Pultfrau entwickelt die 
            Auffassung, wonach für die Lehre vom Lastenausgleich allein die 
            in den Schriften bezeugte kerygmatisch offenbarte Renate und nicht 
            eine nur unzulänglich zu rekonstruierende »historische« 
            Renate relevant sei.
          ab etwa 2365
            Die renatistische Ethikerin Wolfhild Plattenberg entwickelt einen 
            vom Damenbarthismus unabhängigen, stark an die ramontische Logistik 
            Georgina Häkels (2170-2231) orientierte Systenatik. Ihr Ansatz 
            ist sehr universalistisch, meint aber, daß das rechte Verhältnis 
            zum Lastenausgleich untrennbar am Verhältnis zu Renate hänge.
            Dies vermag allerdings nicht zu verhindern, daß immer mehr Kinder 
            ohne jede Bindung zum Renatismus heranwachsen.
          2366
            Das bereits faktisch nicht mehr beachtete Studienverbot der Renatik 
            für Männer wird offiziell auch hinsichtlich des von Constance 
            I. eingeführten Promotionshindernisses und Habilitationsverbots 
            aufgehoben.
            In den neuexegetisch-poldeïschen Versammlungen können nunmehr 
            auch studierte Männer Versammlungsleiter werden. Die orthosystenatisch-puppenläppischen 
            Versammlungen verhindern dies noch heute.
          ab 2380
            Im sog. Zeitalter der Postermoderne (benannt nach dem US-amerikanischen 
            Soziologen Nil Posterman) verschwimmen alle Formen fester Lehrmeinungen. 
            Renatiker wie Wilmina Grabstein (Professorin für Praktische Renatik 
            an der Vereinigten Universität zu Berlin - VUB) erklären 
            C. Damenbarth für den größten Irrtum des 24. Jahrhunderts 
            und versuchen, auf die Zeit Tuchwebers zurückzugreifen. Andere 
            - wie Bob Sabinus, Universität zu Sprottenheim - gehen dagegen 
            konsequenter auf den Zeitgeist ein und geben gänzlich neue Impulse.
          fs / bä
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