1. Monatslosung 
            ... aus der bald erscheinenden Neuausgabe des Segen Renates, 
            vom hochverehrten Dr. Leo Pold, aus dem Jahre 2116
          EvFrank 1,1
            
            Sie war die Unscheinbarste, die wir kannten. Da war keine 
            Gestalt von Größe und Macht!
            
            Renate wäre die Größte, habe ich letztens im 
            Durchgang gelesen. [...]1 (ApEv 1,1) Gerade die verrufenste 
            Lebensschilderung Renates gibt uns den wichtigsten Hinweis auf die 
            Deutung dieser geliebten ersten Sätze, die wir in Versammlungen 
            sehnlich erwarten, wenn wir den Blick senken und die Hände in 
            die Taschen nehmen.
            Auf den ersten Blick scheint es dem Prolog zu widersprechen. Keine 
            Gestalt von Größe und dennoch Größe, wie soll 
            das zusammengehen? Ein Kanzler ohne zu Kanzeln2, wie soll das funktionieren?
            Entscheidend ist das Zitat im zweiten Teil. [...] habe ich (...) 
            gelesen. Ist ein Lied in allen Worten, ist Renate in der 
            Stadt3
            Bedenkt nun: Wer ohne Last stirbt, fliegt davon! [...] 
            (EvFrei 11, 21)
            Was hat das Lesen an Lasten genommen, aber dem Schreiber aufgebürdet? 
            Freunde! Renate schrieb nicht, sondern andere über sie. Und daher 
            war sie die Unscheinbarste, die wir kannten.
            Das apokryphe Evangelium4 der Christiane Baller-Kürowitz weist 
            uns darauf hin, daß niemand mit Lasten die Größe 
            Renatens ganz ermessen kann. Der Leser mag aus ihnen ableiten, der 
            Schreiber aber spricht von der Größe, die nicht ist, die 
            seinem Auge verborgen bleiben muß. Weil der Schreiber voll Lasten 
            ist. Wie der große Uljanow feststellte, (in dem er ein Renate 
            Wort abwandelte, Anm. d. Autors)5, Wer schreibt, heiligt die 
            Mittel.
            Schreibt nicht, sondern lest! Das ist der innere Sinn dieser ersten 
            Sätze. Seid wie Renate, die gerne Lesen und Schreiben lernte, 
            aber dann nur noch las.6
            Renanata!
          Anmerkungen:
            Auslassungen hier wie im folgenden sind im Original nicht markiert. 
            erst in der 5. Neuausgabe sind sie vom hochverehrten Prof. Korschknorke 
            gefordert und verwirklicht.
            2 2271 schrieb man den ursprünglichen Bestand Kanzler ohne 
            Kanzelallüren in Kanzler ohne zu kanzeln um. 
            In der Begeisterung für die tripostmoderne (eigene Schreibung), 
            die eine endgültige Abschaffung der Großbuchstaben forderte 
            (ganz abzusehen von radikalen neuen Deutungen der Renatika) änderte 
            Editorin Anna Koschnick diese Formulierung. In Verehrung ihrer Arbeit, 
            aber auch in Abgrenzung einiger Forderungen, für die sie steht, 
            habe ich das kanzeln jetzt großschreibend in den heute üblichen 
            Bestand des Wortschatzes zurückgeführt.
            3 Es ist weiterhin unklar, woher Leo Pold dieses Zitat nahm. Vgl.: 
            Anna Koschnick. Verweise. Berlin 2765. S. 473-512
            4 Daß Leo Pold nur das ApEv zitiert, und nicht darauf hinweist, 
            daß das Zitat ebenfalls in den VitRen zu verorten ist (Vitren 
            1;1 nach Erperlfuß), ist auf die rhetorische Geschicklichkeit 
            des Autors zurückzuführen, dessen Gelten-Lassen in jeder 
            Neuausgabe dem Autor eine Verpflichtung ist.
            5 In diesem Fall ist die Anmerkung von Leo Pold, wurde aber erst 2271 
            von Anna Koschnick aus einer Handschrift ergänzt. Es wird natürlich 
            der gemeinsame Satz aus EvFrei 11,6 (Supermarktrede) und EvFrank 5;36 
            (Rede vor den Logistikern) abegewandelt.
            6 Hier wiederum steht das Zitat, das von Leo Pold zu seinen rhetorischen 
            Zwecken umgewandelt worden ist, sowohl im ApEv als auch im EvFrank! 
            (siehe Anm. 4).
          
            Aussprüche bekannter Renatisten: nEU
          Diese Einseitigkeit und Disproportion der Lastenverteilung 
            stellen eine für mich nicht hinnehmbare Zumutung dar. Note Sechs, 
            Herr Eichel.
            Dr. Thomas Geue, Berlin, zur Zigarettenbesteuerung als Unterstützung 
            der Antiterrormaßnahmen, Rauchen für das Vaterland!, 
            2401
          
          2.
          O ihr Renatisten!
            Lasset uns nach ihren Worten
            allerorten
            treu des Lastentausches sein!
            Früh bis spät ruft sie sich Knechte.
            Gute, schlechte
            treten in die Reihen ein.
            Diese heischen reiche Gaben.
            Jene haben
            nur das feste Lastenwort.
            Das wird schenken uns zum besten
            Tausend Westen
            schimmern aus des Berges Pfort
            denen, die beim Wort gestanden,
            auch in Schanden
            solches Kleinod hochgeehrt.
            Tausend Sterne werden funkeln,
            wenn im Dunkeln
            unser Leben ihr gehört.
          Otto Schniedel, aus der Zeit der Renatistenverfolgungen
          
            3.
          Folgendes Interview mit Dr. Jonas-Erpelfuß erfolgte anläßlich 
            der angekündigten zweiten Auflage der wissenschaftlichen Neuausgabe 
            der Renatika:
            Ceryx
            Herr Dr. Justus Jonas-Erpelfuß, Sie sind Vorsitzender eines 
            Autorenkollektivs, das sich um die völlige Neuausgabe der Renatika 
            bemüht hat. Was darf darunter verstanden werden?
            Jonas-Erpelfuß
            Bereits vor neun Jahren wurde von der Puppenlappner Renatikagesellschaft 
            ein Aufruf für ein Kollektiv herausgegeben, das sich neben wichtigen 
            Oberversammlungsleitern hauptsächlich aus Wissenschaftlern zusammensetzen 
            sollte. Darunter finden sich nicht nur Exegetische Renatiker sondern 
            u. a. auch Gilbert Balkonski, Professor für Renatismuspädagogik 
            am Fachbereich für Erziehungswissenschaften der Universität 
            Hamburg - im übrigen Gatte von Dorothea Söller-Bolkonski, 
            die ja dankenswerterweise die Renatistengeschichtlichen Bemerkungen 
            für unsere Neuausgabe verfaßt hat. Im Kollektiv befand 
            sich zu Anfang noch mein Doktorvater, der renommierte Exegetikprofessor 
            Peter Kosmos. Durch seine weitreichenden Verpflichtungen mußte 
            er diese Aufgabe im Laufe der Arbeit aber an mich abgeben, und ich 
            danke ihm herzlich für das Vertrauen, das er hierin in mich gesetzt 
            hat. Anders ist es da Prof. Sorge aus Puppenlappen ergangen, der zunächst 
            seinen Assistenten Leo Pold - im übrigen ein Nachfahre des großen 
            Leo Polds, aber der Name allein macht es eben noch nicht... - in das 
            Kollektiv entsandt hatte. Wegen der offenkundigen Unfähigkeit 
            seines Assistenten mußte Herr Sorge dann selbst zum Kollektiv 
            hinzustoßen. Das aber nur nebenbei.
            Ceryx
            Seitdem die erste Auflage der Puppenlappner Erklärungsrenatika 
            herausgegeben wurde, sind nunmehr bereits 60 Jahre vergangen. Was 
            war die Veranlassung, jetzt eine völlig neue Ausgabe der Renatika 
            zu erarbeiten?
            Jonas-Erpelfuß
            Das ist ganz richtig.
            Ceryx
            Ja, und wie zeichnet sich nun Ihre Neuausgabe aus?
            Jonas-Erpelfuß
            Zunächst einmal zu den Erklärungsrenatika. Es ist wohl kein 
            Geheimnis, daß Wissen um die alltäglichen Lebenszusammenhänge 
            vergangener Jahrhunderte in der breiten Öffentlichkeit kaum vorausgesetzt 
            werden kann. Was das Renateleben betrifft, so kommt hier hinzu, daß 
            sich vieles weniger leicht selbst erschließen läßt, 
            da die Lakarier bekanntlich Zusammenhänge absichtlich fälschten. 
            Hier durchzusehen scheint nur den Fachleuten vorbehalten zu sein. 
            Damit aber das Verstehen der Renatika in der bereiten Bevölkerung 
            zukünftig und auf Dauer nicht unmöglich würde, hatte 
            die Puppenlappner Renatikagesellschaft, die sich seit langem um die 
            allgemeine Verbreitung der Renate-Schriften bemüht, eine kommentierte 
            Ausgabe erstellt.
            Ceryx
            Ihre Neuausgabe unterscheidet sich von dieser jedoch erheblich.
            Jonas-Erpelfuß
            Naja, so weitreichend ist es gar nicht. Allerdings stand für 
            uns als Wissenschaftlerkollektiv fest, daß wir nicht so tun 
            können, als wäre die herkömmliche Textgrundlage vom 
            Geist Renates verbalinspiriert und somit sakrosankt.
           RENATE LYRISCH nEU
            
            
            
            (M.Fesche: Vom ungeprägten Gold, Ein Gruß in deine Einsamkeit; 
            
            Hannover 2334; S. 24)
          Ceryx
            Nun gibt es aber die Legende, wonach die einzelnen Arbeitsgruppen 
            damals im Schloß zu Sacrow, das südlich von Berlin-Kladow 
            liegt, wo es im 21. Jahrhundert ja eine bedeutende Renatistenversammlung 
            gab, unabhängig voneinander zur gleichen Textgestalt fanden.
            Jonas-Erpelfuß
            Sie sagen es; es handelt sich um eine Legende, die entstand, um den 
            damaligen Arbeitsergebnissen uneingeschränkte Anerkennung zukommen 
            zu lassen. Solche Legenden können für die renatikische Wissenschaft 
            nun wirklich keine Grundlage sein. Zudem existieren hier mehrere Überlieferungsvarianten; 
            die einen beziehen sich auf die erste Kanonfestlegung, weitere auf 
            die durch Constance I. einberufene Tagung.
            Ceryx
            Dennoch gab es einen erheblichen Aufschrei, als festgestellt wurde, 
            daß Sie in den traditionellen Textbestand eingegriffen haben.
            Jonas-Erpelfuß
            Uns war von Anfang an klar, daß unsere Neubearbeitung den Verzicht 
            auf seit langem liebgewordene Formulierungen mit sich bringen würde. 
            Es fragt sich nur, ob sich Renatisten und renatistische Versammlungen 
            weiterhin mit einen Text begnügen wollen, der nun einmal vom 
            ursprünglichen Bestand erheblich abweicht. Es sei nur darauf 
            verwiesen, daß die Puppenlappner Renatikagesellschaft bei Übertragungen 
            in andere Sprachen bekanntlich seit Jahrzehnten auf einen wissenschaftlich 
            rekonstruierten Urtext und nicht auf die deutsche Kanongestalt, deren 
            Entstehungsweise uns ja noch nicht einmal im einzelnen bekannt ist, 
            zurückgreift. Das macht doch ganz deutlich, daß traditionalistisches 
            Geplänkel eben nicht dazu führen darf, daß andere 
            Nationen auf einen besseren Renatikatext zurückgreifen können, 
            als die unsere, wo die Renatika entstanden sind.
            Ceryx
            Gerade hierin erhebt sich aber erheblicher Widerstand.
            Jonas-Erpelfuß
            Naja, da fragt sich, was erheblich ist. Bekanntlich sind die Schreihälse 
            aus der Fraktion der sogenannten Renamentalisten grell und laut, aber 
            bedeutend sind sie nicht angesichts der vielen Rückmeldungen 
            aus den Renatistenversammlungen, die sich auch eine Überarbeitung 
            der Lektionare für den besseren Versammlungsgebrauch wünschen. 
            Selbst piënatische Kreise begrüßen unsere Neuausgabe, 
            und die Tatsache, daß die erste 
            Auflage bereits vergriffen ist, spricht doch für sich.
          Berichtigung:
            In unserer Oktober-Ausgabe hatten sich aus redaktionellen Gründen 
            leider einige Tippfehler eingeschlichen. Es muß natürlich 
            richtigerweise "Renathuter Brüderversammle" heißen. 
            Auch der Redaktion ist selbstverständlich bekannt, daß 
            die sog. Brüderversammlungen mit den Renatuther Brüderversammlen 
            nichts zu tun haben, sondern erst gut 100 Jahre später aus einem 
            ganz anderen spirituellen Background heraus entstanden sind. Somit 
            ist es auch die Tübinger Forschungsstelle der Renathuter Brüderversammle, 
            von der Frau Dr. Christiane Schwäblemeyer stammt. Der "Bund 
            Freier Deutscher Brüderversammlungen und Renapisten", der 
            seinen Geschäftssitz ebenfalls in Tübingen hat, darf damit 
            nicht verwechselt werden.
          Ceryx
            Sie arbeiten also an einer Neuauflage?
            Jonas-Erpelfuß
            Das versteht sich wohl von selbst. Wobei sich diese nicht von der 
            ersten unterscheiden wird. Einzig die Fülle der bösen Tippfehlerteufel 
            gilt es auszumerzen.
            Ceryx
            An eine Ausweitung der textkritischen Angaben denken Sie nicht?
            Jonas-Erpelfuß
            Es war ja das Anliegen der Puppenlappner Renatikagesellschaft, eine 
            praktikable Gebrauchsausgabe für Versammlung und zur privaten 
            Erbauung herauszugeben, die dennoch wissenschaftlichen Anforderungen 
            genügt. Gerade für die Praktikabilität ist es also 
            erforderlich, den textkritischen Apparat so klein wie möglich 
            zu halten. Wir geben deshalb lediglich die drei bedeutendsten alten 
            Textzeugen an und fassen die übrigen zusammen. Auf einen Vergleich 
            mit der herkömmlichen Kanongestalt wurde ganz verzichtet, da 
            diese als allgemein präsent vorauszusetzen ist.
            Ceryx
            Wann, denken Sie, wird die zweite Auflage käuflich zu erwerben 
            sein?
            Jonas-Erpelfuß
            Wenn alles weiterhin so gut vonstatten geht, Mitte November. Wir haben 
            eine weitere Präsentation für den 16. 11. in Berlin festgelegt. 
            Sofern dieser Termin eingehalten werden kann, wird noch genaueres, 
            so Ort und Zeit, auch an Ceryx weitergegeben.
            Ceryx
            Wir danken für dieses Gespräch.
            Jonas-Erpelfuß
            Ich hab zu danken für Ihr Interesse an unserer Arbeit.