APRIL
2007

 
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Das Kartenspiel "San Juan"
"San Juan"
Andreas Seyfarth
Ravensburger
Ein Aufbau-Strategiespiel nur mit Karten - das ist nicht nur möglich, sondern mit "San Juan" auch ziemlich gut gelungen. Die Spieler müssen versuchen, ihre eigene Stadt möglichst schnell auf- und auszubauen, am besten mit wertvolleren Gebäuden als die konkurrierenden Stadtplaner.

Dabei bringt jedes Gebäude besondere Eigenschaften und so seinem neuen Besitzer bestimmte Vorteile mit. Auch zählt es am Ende des Spiels als bestimmter, zu verrechnender Punktwert. Bis dahin gibt es aber noch viel zu tun. Neue Gebäude kosten natürlich Geld, das erst verdient werden muß: Mit einem gewissen Startkapital sollten zunächst Kontore errichtet werden, die dann einmal pro Runde - nach bestimmten Regeln - Waren produzieren und verkaufen können.

Auf diese Weise läßt sich nach und nach eine ganze Stadt finanzieren. Kann ein Spieler schließlich zwölf Bauwerke sein eigen nennen, wird die letzte Runde fertiggespielt und danach geht es ans Rechnen.

Soweit der - leicht zu erlernende und zu verstehende - Inhalt des Spiels. Interessanter sind dabei die exotischen Wirtschaftsbräuche: So gibt es kein Extra-Spielgeld, Blöcke zum Aufschreiben und dergleichen; vielmehr erfüllen die Spielkarten gleich drei Funktionen auf einmal. Jede Karte zeigt auf ihrer Vorderseite grundsätzlich ein Gebäude mit dessen Preis, Punktwert und Eigenschaften. Soll ein Gebäude errichtet werden, ist der Preis dafür ebenfalls in Karten von der Hand zu entrichten.

Schließlich bestehen sowohl die produzierten Waren sowie auch das eingenommene Geld - man ahnt es - wieder aus Karten, und wer das Glück hatte, eine Kapelle bauen zu können, kann obendrein noch eine Karte pro Runde darunter legen und so zusätzliche Siegpunkte anhäufen. Die Preise für die Waren werden in jeder Verkaufsrunde neu gezogen, so daß auch hier durch einen einfachen Trick ein abwechslungsreiches Spiel zustandekommt.

Durch das Nachziehen von Karten und das Auswürfeln der Warenpreise spielt das Glück allerdings eine recht große Rolle, was zwar für eine möglichst realitätsnahe Simulation unerläßlich und wünschenswert ist, jedoch zwangsläufig etwas zu Lasten des Strategie-Elements geht. Dadurch fehlt "San Juan" ab und zu eine gewisse Komplexität. Wirklich langweilig wird es dadurch aber nicht.

Ebenfalls gewöhnungsbedürftig ist die Reihenfolge der Spieler; genaugenommen besteht jede Runde aus zwei ineinander verschachtelten Zügen. Reihum wird zunächst die Gouverneurskarte gegeben. Wer sie hat, darf sich einen Beruf wählen, der dann von allen Spielern ausgeübt wird. Der aktuelle Inhaber bekommt lediglich einen kleinen Bonus auf die spezifische Spielhandlung.

Das ist am Anfang zwar etwas verwirrend, insgesamt aber ebenso einfach wie genial, weil sich kaum jemand beim Warten auf den eigenen Zug langweilen muß. Allerdings ist Warten ohnehin recht unwahrscheinlich, geht das Spiel doch relativ schnell; eine gemütlich gespielte Runde bei Wein und ein paar Häppchen dauert allerhöchstens eine Stunde, wenn nicht sogar weniger. Auch zum Unterhalten bleibt genug Kapazität, weil "San Juan" wirklich keine intellektuelle Herausforderung darstellt.

Es bleibt eigentlich nur die Frage offen, was es von seinem großen Bruder "Puerto Rico" unterscheidet. Nicht viel, außer daß es wesentlich übersichtlicher ist, weil nicht überall Kleinteile ohne anständige Aufbewahrungsfächer in der Schachtel herumfliegen und auch die Anleitung dem großen Vorbild letztlich entspricht, aber sehr viel rascher zu verstehen ist. (Die Anleitung von "Puerto Rico" ruft rasch Aggressionen hervor: Obwohl sie vorbildlich und gar preisgekrönt ist, ist das Spiel so unnötig komplex, daß einem beim Lesen - oder häufig eben Zuhören - schon mal die Lust vergehen kann.)

An sich ist "San Juan" die perfektionierte Version von "Puerto Rico", trotzdem wird auf der Schachtel geworben "Kennen Sie schon..?" Allerdings, wer nämlich ein Spiel verstanden hat, wird es mit dem anderen nicht schwer haben. ("Puerto Rico" ist zweifellos ebenfalls ein sehr gelungenes und schönes Spiel, dem zugutezuhalten ist, daß es die Komplexität hat, die "San Juan" bisweilen fehlt.)

Kaufen kann man getrost beide Spiele, wobei ich es für empfehlenswert halte, lieber mit "San Juan" anzufangen und bei Gefallen "aufzurüsten". Umgekehrt erlebt man schneller eine Enttäuschung. Natürlich eignet sich "San Juan" durch die deutlich geringere Größe und das Nichtvorhandensein von abhandenkommensgefährdeten Kleinteilen aber viel besser zum Mitnehmen.

Für beide Spiele muß man leider noch etwas tiefer in die Tasche greifen. "San Juan" kostet um die € 18,00, "Puerto Rico" entsprechend mehr, wohl etwa das Doppelte.

mp