| DEZEMBER | 
| 2003 | 
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| Historienbilder erzählen: Delaroche, "Napoleon in Fontainebleau" | |
| Paul Delaroche (1797-1856) | |
| Delaroches "Napoleon in Fontainebleau" zeigt den französischen Kaiser keineswegs als großen Feldherrn oder strahlenden Herrscher, sondern als abgekämpften, verlebten Mann, dem man die körperliche und geistige Erschöpfung ansieht. Kein Wunder: Nachdem die napoleonische Armee in den Befreiungskriegen von 1813 geschlagen wurde, marschieren im März 1814 Preußen und Russen in Paris ein; Napoleon muss am 6. April abdanken. Nach seiner Körperhaltung zu schließen scheint Napoleon das Ende seines Kaiserreichs mit Resignation aufzunehmen, während sein Blick und seine Mundwinkel immer noch eine verbissene Entschlossenheit tragen. Tatsächlich wird Napoleon nur ein Jahr später aus dem Exil nach Frankreich zurückkehren, um den eingesetzten König Louis XVIII wieder zu vertreiben. (Ein Sieg von kurzer Dauer: Nach hundert Tagen wird Napoleon in der Schlacht bei Waterloo erneut eine vernichtende Niederlage erleiden.) Indem Delaroche seinen Napoleon in einer höchst menschlichen 
            Pose zeigt, wird der große Kaiser gleichzeitig profanisiert 
            und psychologisiert. Der sonst in einem Historienbild übliche 
            Handlungsimpuls fehlt - stattdessen wird Napoleon in einem Ausdruck 
            der inneren Verfasstheit gezeigt, reflexiv statt aktiv. Die Identifikation 
            des Betrachters mit dem Dargestellten ist nicht punktuell, sondern 
            erfordert ein länger andauerndes Hineinversetzen. Vor Napoleon 
            und dem Betrachter steigt die Vergangenheit herauf (die verlorene 
            Schlacht) und mit ihr die Zukunft (die Abdankung).  aw | |