APRIL
2006

 
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LITERATUR


Literarische und eheliche Untreue - "Annas Suche"

Mahesh Motiramani
"Annas Suche"
Allitera Verlag 2006

Anna, eine nebenberufliche Literaturkritikerin, ein Roman, dessen Publikumserfolg auch einige Jahre nach seinem Erscheinen noch anhält, ein bereits verstorbener Autor, eine zickige Autorenwitwe und ein etwas verdrehter ehemaliger Freund des Schriftstellers: So beginnt die Suche, Annas Suche, mit dem Verdacht, dass es vielleicht einen ganz anderen Autor, den wahren Autor des Romans, zu finden gilt.

Nach zwei Kurzprosabänden ("Seelenflucht", "Die Blumenbombe"), hat Mahesh Motiramani, der in Bombay geboren wurde, in Hamburg aufwuchs, Slawistik studierte und heute im Goetheinstitut arbeitet, auch einen Roman herausgebracht. Die nebenberufliche Literaturkritikerin Anna, hauptberuflich ist sie Hausfrau und Mutter, bekommt den Auftrag einen etwas längeren Essay über einen Roman zu schreiben, dessen Erfolg auch noch nach einigen Jahren anhält, über dessen Autor man aber nur sehr wenig weiß. Also macht sie sich auf die Suche, kontaktiert die Witwe des bereits verstorbenen Autors. Und als diese sich als wenig auskunftsfreudig erweist, beschafft sie sich kurzerhand aus deren Adressbuch die Telefonnummer eines ehemaligen Freunds des Schriftstellers. Eben dieser Anton Krausdorf aber glaubt, sein Freund hätte das Werk gar nicht selbst verfasst, was Anna im Folgenden gleich doppelt beschäftigen wird. Und zwar in Form einer Affäre mit Krausdorf und in Form der eigentlichen Suche nach einem möglichen wahren Autor. Ob es nun wirklich ein Plagiat war oder ob es gar keinen "wahren" Autor gibt, soll hier nicht verraten werden.

Alltagsleben als Hausfrau, Nachforschungen und heimliche Affäre Annas gehen ineinander über und sind eingängig erzählt. Manchmal aber schon fast zu eingängig, sodass manche Details Allgemeinplätzen gleichen und etwas phantasielos daherkommen – vielleicht kam es dem Autor auch gerade auf die Normalität des Lebens der Hauptperson an – und v. a. einige Formulierungen etwas abgegriffen und platt erscheinen. Ein Kontrast dazu bilden die Passagen, in denen der Sonderling Krausdorf auftritt. Dieser ist in keiner Situation um einen Scherz oder eine Skurrilität verlegen, die das Ganze etwas auflockern und zumindest meistens eine gewisse Originalität besitzen.

Wie aufgepfropft wirkt auch, dass sich Annas Mann an mindestens fünf oder sechs Stellen immer wieder über Kindermörder empört, von denen er gerade in der Zeitung gelesen oder in den Nachrichten gehört hat. Zwar soll dies wohl erklären, warum ihm nach solchen deprimierenden Nachrichten nicht mehr nach einem erfüllten Eheleben ist und er sich zurückzieht, was die Beziehung mit Anna beeinträchtigt. Dennoch erscheint dies in der Häufung etwas seltsam und lässt erst recht nicht die plötzliche Versöhnung der beiden am Schluss plausibler erscheinen.

Trotz solcher Ungereimtheiten und herausfallenden Elementen ist der Roman aber alles in allem doch kurzweilig zu lesen und erzählt eine unterhaltsame Geschichte.

bk