OKTOBER
2002

 
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MEDIEN


"Nackt"
"Nackt"
Doris Dörrie
D 2002

Über und mit „Nackt“ kann man anfangs noch lachen. Je länger er dauert, desto belangloser wird der Film jedoch, bis er sich schließlich selbst verrät.

Drei Jugendfreundinnen beim gemeinsamen Abendessen: Charlotte, die mit dem neureichen Börsenmillionär Dylan verheiratet ist, die erfolgreiche Bankkauffrau Annette, deren Freund Boris in einem Tierfutterversandhandel arbeitet und stets die richtige Gelegenheit verpaßt, ihr einen Antrag zu machen, und schließlich die etwas vom Pech verfolgte Emilia, die sich nach fünf Jahren gerade vom szenigen Draufgänger Felix getrennt hat. Die drei Männer sind dabei.

Glücklich sind nur Annette und Boris. Felix und Emilia werden nicht mit ihrer Trennung fertig, Charlotte und Dylan nicht mit ihrem plötzlichen Reichtum. Man ist sich fremd. In dieser Situation bemerkt Emilia, daß die meisten Menschen nicht einmal in der Lage wären, ihren eigenen, ihnen eigentlich vertrauten Partner im Dunkeln zu ertasten. Außer Felix will das keiner glauben; der wittert eine Chance und schlägt mit den Worten „Emilia braucht Geld“ eine Wette vor, mit der er den verhaßten Freunden seiner Ex eins auswischen möchte.

Lange Zeit zum Zögern bleibt nicht: Charlotte, die Dylan vorwirft, daß er sie nicht mehr „sieht“, ist von dem Vorschlag begeistert; als die anderen einlenken, das sei vielleicht keine allzu gute Idee, wird sie wütend: „Ich habe es so satt! Immer diese öden Spiele, immer alles ohne Konsequenzen!“ Bald will keiner mehr zurückstehen, die Einsätze überschlagen sich vor Siegesgewißheit und Trotz: Dylan bietet viel Geld, Charlotte ihre Kreditkarte, Annette ihre Uhr – ein Geschenk von Boris, der daraufhin seinen Verlobungsring aus der Tasche zieht, was natürlich für Entsetzen sorgt. Emilia und Felix sind Schiedsrichter.

Es folgen etwa fünf Minuten steril choreographierte Stripshow mit verbundenen Augen, an deren Ende sich die richtigen Paare gefunden haben. Für Felix kein Hindernis: Er vertauscht sie, um Emilia zu den Einsätzen zu verhelfen – noch immer in der Hoffnung, sie zurückzugewinnen. Das Entsetzen ist zwar groß, währt aber nicht lange. Emilia gibt ihren Freunden alles zurück. Auf dem Heimweg diskutieren sich Annette und Boris rasch über das Erlebnis hinweg, Felix läßt nicht locker und kommt Emilia wieder näher, und Dylan und Charlotte führen überraschenderweise das tiefgründigste Gespräch – zumindest wirkt es so, weil sie mit den wenigsten Worten auskommen.

„Nackt“ lebt von ein paar absurd-komischen Situationen, von den drei Gesangseinlagen, die die Männer ihren Frauen als Ständchen bringen, und vor allem von Felix' flotten Sprüchen: „Hier, 'ne Melone, statt Blumen. So gibt's wenigstens was zum Nachtisch, was ich auch mag.“ Das tragikomische Musical ist jedoch keine gute Mischung. Die Probleme wirken wie aus „Dawson's Creek“ abgeschrieben, einerseits zu alltäglich und andererseits zu überzogen, und nach der Katastrophe schließlich ist alles besser als zuvor. Und genau hier, mit seinem Happy End, verrät sich der Film: „Immer alles ohne Konsequenzen!“

mp