JANUAR
2006

 
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Herr der Ringe weichgespült: "Der König von Narnia"
"Die Chroniken von Narnia - Der König von Narnia"
Andrew Adamson
USA 2005

England während des Zweiten Weltkriegs. Aus Schutz vor dem feindlichen Bombenhagel werden die Geschwister Peter, Susan, Edmund und Lucy aufs Land geschickt. Doch mit der Sicherheit ist es vorbei, als sie in einem alten Kleiderschrank die Pforte zu einer anderen Welt entdecken - das Königreich von Narnia, bevölkert von sprechenden Tieren und allerlei Fabelwesen.

Seit 100 Jahren leidet Narnia unter der eisigen Herrschaft der Weißen Hexe, und die Prophezeiung besagt, dass nur zwei "Adamssöhne" und zwei "Evastöchter" Narnia befreien können. Verständlich, dass die Weiße Hexe die vier Geschwister so schnell wie möglich ausschalten will. Mit der Unterstützung von Aslan, seines Zeichens sprechender Löwe und rechtmäßiger König von Narnia, wagen es die vier Kinder dennoch, den Kampf gegen die Weiße Hexe aufzunehmen.

Parallelen zum "Herrn der Ringe" drängen sich auf: Ein kleiner Hobbit / vier unschuldige Kinder sind dazu bestimmt, das Böse zu besiegen und die Welt zu retten. Alles kumuliert in einer großen entscheidenden Schlacht. Tatsächlich war C. S. Lewis, der Schöpfer der "Chroniken von Narnia", eng mit Tolkien befreundet, so dass die Parallelen nicht zufällig sind. Darüber hinaus versucht Disney mit der neuen Verfilmung ganz offensichtlich, auf der "Herr-der-Ringe"-Erfolgswelle mitzuschwimmen - doch fällt dieser Vergleich äußerst ungünstig für "Narnia" aus.

Wer das Buch von C. S. Lewis gelesen hat, mag klarer sehen, aber bei der in dieser Hinsicht unbelesenen Kinogängerin bleiben viele Fragen offen: Was ist denn so furchtbar an der Weißen Hexe, außer dass sie es nicht mehr Frühling werden lässt? Gut, sie lässt ihre Gegner zu Stein erstarren, das ist nicht nett, aber warum wird man zu ihrem Gegner? Weil sie Weihnachten abgeschafft hat? Und was ist das Besondere an Lucy, Edmund, Susan und Peter, das sie dazu bestimmt, Narnia zu befreien und die Königsherrschaft zu übernehmen? Warum wird es auf einmal Frühling, bevor der Kampf überhaupt begonnen hat? Wie zum Kuckuck gelingt es den Geschwistern, ohne die geringste Unterweisung in Waffenführung in der Schlacht ihre Schwerter zu schwingen, geschweige denn wie Peter ein komplettes Heer anzuführen?

Etwas skeptisch stimmen auch der martialische Weihnachtsmann, der die Kinder mit Waffengeschenken aus seinem Sack beglückt, und die bizarre Wiederauferstehungsszene des Löwen Aslan, die freilich der christlichen Symbolik der literarischen Vorlage geschuldet ist. Und auch wenn es kindgerecht sein mag, dass am Ende der Schlacht alle Guten wieder heile gemacht werden, so ist das für den erwachsenen Betrachter doch etwas zu dick aufgetragen. Die Botschaft des Films über Mitmenschlichkeit und Heldenmut ist ja schön und gut, doch ist sie platt und kitschig umgesetzt. Potentiell interessante Konflikte wie der Verrat von Judas, äh, Edmund an seinen Geschwistern werden hingegen nur angeschnitten und nicht ausgeführt.

Insgesamt ist "Narnia" wohl eher ein Kinderfilm - und steht sich mit seiner Altersfreigabe ab 12 damit selbst im Weg. Erwachsene, die früher die Bücher gelesen haben, mögen dem Film aus Nostalgiegründen vielleicht noch etwas abgewinnen (oder sich gerade darüber ärgern). Für alle anderen bleibt als einziger Lichtblick die tolle Darbietung von Tilda Swinton als Weiße Hexe. Schade eigentlich, dass sie am Ende besiegt wird. So schlecht ist der Winter doch nun auch wieder nicht.

aw