JUNI 01
 
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MUSIK


Gorillaz
Gorillaz
"Gorillaz"
EMI 2001
www.gorillaz.com

Wer hätte das gedacht? Neue Musik und neue Bands gibt es täglich zuhauf, ohne daß etwas wirklich Neues zu entdecken wäre. Der Zeitpunkt scheint überschritten, da der letzte wahrhaft große Umbruch in der Musik Vergangenheit wurde.

So ist auch das Neue bei den Gorillaz, deren gleichnamiges erstes Album kürzlich erschienen ist, nicht tatsächlich in ihrer Musik zu finden. Vielmehr ist es ungewöhnlich, daß der Sänger einer äußerst erfolgreichen Brit-Pop-Gruppe wie Blur sich plötzlich von seinem angestammten Genre ab- und einem völlig anderen zuwendet.

Zu Damon Albarns Brüdern im Geiste gehören neben „Buena Vista Social Club“-Star Ibrahim Ferrer auch HipHop-Größen wie Dan The Automator und Del Tha Funky Homosapien (letztere haben vermutlich den Sticker parental advisory zu verantworten, weil jeweils genau ein einziges Mal die Wörter fucking, shit und dick vorkommen). Sie alle mischen Musik der verschiedensten Einfärbungen zusammen, was das Zeug hält. Auch das war schon da, aber heraus kommen nicht Einheitsbrei und monotone Geräuschkulisse, sondern Stücke für jeden Geschmack – die trotzdem gut erkennbare Gemeinsamkeiten aufweisen.

Damit ist das Album nicht als „intelligent“ zu bezeichnen, sondern besser als das, was es wirklich ist: Nämlich gelungen und künstlerisch wertvoll. Wertvoll nicht zuletzt für Albarn und Konsorten sowie für den produzierenden Großkonzern EMI, die viele Exemplare an eine Zielgruppe verkaufen werden, die sich aus Anhängern der unterschiedlichster Stile und Richtungen zusammensetzt und deshalb größer ist als gewöhnlich. Vor diesem Hintergrund treten auch die unvermeidbaren Nebenwirkungen in denselben: Eben weil für jeden etwas dabei ist, wird den wenigsten die ganze Platte gefallen. Außer an zwei Stücken werden sich rasch die Gemüter scheiden. Die Rede ist von dem für jeden gut hörbaren Tomorrow Comes Today und dem unvergleichlichen, einschlagenden Clint Eastwood (dieser Titel bleibt ein Rätsel).

Die Gorillaz waren sich dessen sicherlich bewußt, als sie sich für gerade diese beiden Stücke zur Single-Auskopplung entschieden und sie, wie allgemein üblich, mit jeweils einer guten und zwei schlechten Remix-Versionen garnierten. Einer dieser Verschnitte – glücklicherweise der gute – von Clint Eastwood findet sich als Geheimlied auch auf dem Album (letztes Lied einstellen, laufen lassen oder bis zu 6:12 vorspulen).

Doch das ist nicht das einzige Extra. With the purchase of this enhanced CD you have acquired your very own key to the previously locked and very private nether regions of www.gorillaz.com, verspricht das Heftchen. Die Antwort muß hier leider lauten: Forget it, aber die recht skurrile Homepage selbst gibt auch so schon einen großen Pluspunkt. Wer über das Shockwave8-Plug-In und etwas Geduld verfügt, kann in alle Stücke reinhören – aber nicht alle sind leicht zu finden. Auf der Suche bleibt jedoch genug Zeit zum Staunen und Lachen. Und um gleich ein paar Illusionen zu zerstören: Herunterladen ist nicht möglich...

mp