FEBRUAR
2002

 
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MUSIK


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Heinz Rudolf Kunze: "Wasser bis zum Hals steht mir"
Heinz Rudolf Kunze
"Wasser bis zum Hals steht mir"
WEA Records, 2002
„Eichenlaub“, das erste Stück auf Kunzes neuester CD Wasser bis zum Hals steht mir, klingt ein wenig so, als sei es die Titelmelodie einer kitschigen deutschen Fernsehserie. Daß der zweite Titel diesen Eindruck kurzzeitig verdrängt, hilft den restlichen 12 Liedern auch nicht mehr. Was sich zunächst etwas ungewohnt anhört und sich wenigstens als Kiffermusik zu eignen scheint, weil sie langsam ist und seltsame Gedankenbilder entstehen lassen könnte, stellt sich schließlich als ziemlich banal und teilweise sogar ärgerlich heraus.

Wasser bis zum Hals steht mir versammelt vor allem vertonte Kurzgedichte mit eher weniger als mehr Sinn, die ihr den Charakter einer Meditations-CD aus der Esoterik-Ecke des Supermarktes verleihen. Textzeilen wie „Schönheit ist der endgültige Ozean“ erinnern außerdem an die Lyrik-Seiten einschlägiger Jugendmagazine.

In „So Lala“ zählt Kunze herausragende deutsche Persönlichkeiten der letzten 250 Jahre auf, nennt sie verrückt und vergleicht sich selbst mit ihnen. Das ist lediglich lächerlich, aber harmlos, ebenso wie „Ich möchte dich nicht lieben – jedenfalls nicht nur – sondern ficken“. Soll das schocken oder was?

An wieder anderen Stellen wiederholt er zusammenhanglos das Wort „Judenstern“, betitelt ein Stück als „Chinesische Wasserfolter“ oder bezeichnet die „Jugend von heute“ als „Abschaum der Geschichte“ und „Hitlers letztes Wort“. Spätestens letzteres ist der Tropfen, der das Faß überlaufen läßt. Daß ausgerechnet dieses Lied das eingängigste ist, liegt am Hiphop-Rhythmus, den Kunze karikieren will, und an den Antworten, die er sich in der Rolle des Jugendlichen selbst gibt: „Du bist nich auszuhalten! Hastu kein' Schalter, um dich auszuschalten? Kannst du nich einfach zusamm'sacken?“ (Kein Zweifel, schön wäre es.)

Die „Musik“ läßt sich nicht ignorieren, obwohl sie es verdienen würde, aber sich auf sie einzulassen ist die Mühe auch nicht wert. Wasser bis zum Hals steht mir ist sehr deutsch. Ist es da noch ein Wunder, was Kunze den Jugendlichen vorwirft: „Ihr wärt so gerne fremd“?

Kunze will ernstgenommen werden und trägt seine Liedgedichte mit so gönnerhafter und arroganter Stimmlage vor, als sei er der Erlöser höchstpersönlich und als hätte alle Welt auf ihn gewartet. Er versucht, neu zu sein und hinkt dabei um Jahre hinterher (um nochmal den Jugendlichen aus Lied 10 zu zitieren: „Gefickt von der Zeit“). Außerdem wirkt er verbittert; sowohl der Titel als auch die Texte der CD verstärken diesen Eindruck. Leider gibt es auch nichts, worüber gelacht werden könnte. Eher traurig, wenn es das ist, was nach Jahren ziemlich erfolgreicher Musikervergangenheit übrigbleibt.

„Wer's mag“, kann Wasser bis zum Hals steht mir ab dem 4. Februar 2002 kaufen.

mp