MAI 01
 
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MUSIK


Placebo: Black Market Music
Placebo
"Black Market Music"
Virgin Records 2000

Die meisten Popstars entdecken irgendwann, daß das Leben nicht nur aus Sommer, Sonne und der großen Liebe besteht. Ihre Erkenntnis teilen sie uns dann über Platitüden mit - wie "She is so lucky, but why does she cry?" oder "Nobody wants to be lonely" - und wollen dann noch für ihre Tiefsinnigkeit gelobt werden. Glücklicherweise gibt es auch Bands mit ehrlichen Texten ohne Zuckerguß - wie Placebo.

Die britische Band Placebo mit dem androgyn-charismatischen Sänger Brian Molko wurde vor allem durch ihre Beiträge zum Soundtrack von "Eiskalte Engel" und ihre extravaganten Videoclips bekannt.

In ihrem letzten Album "Without you I'm nothing" standen einige hervorragende Lieder neben eher mittelmäßigen. "Black Market Music" ist ausgeglichener. Alle dreizehn Titel sind bemerkenswert. Die Texte sind kompromißlos, provokant, düster, zuweilen zynisch - eine Reise in die Abgründe der menschlichen Seele. Molko singt über psychische Probleme - Neurosen, Schizophrenie, Verfolgungswahn ("Theories of conspiracy: The whole world wants my disappearance"), Aggressionen, Ängste - und deren Folgen: zerbrochene Beziehungen, Isolation und Todessehnsucht.

Faszinierend ist das Zusammenspiel von Text und Musik. So soll zum Beispiel ein lebensmüder Freund mit den Klängen eines Werbejingles ins Leben zurück gelockt werden. Zu einer irritierenden Melodie wird die Geschichte einer wahnsinnig gewordenen Freundin erzählt, die sich auf den Weltuntergang vorbereitet.

Placebos Pessimismus, diese düstere Melancholie, die an Rimbauds Gedichte erinnert, wird nicht jedem gefallen. Nicht jeder wird zu den manchmal recht kryptischen Texten Zugang finden. Manche finden die Musik abstoßend oder pervers - aber für diejenigen gibt es genügend Lieder über Sommer, Sonne und die große Liebe.

vh