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MUSIK


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Schön war die Zeit - Unvergeßliche Schlagererfolge
Verschiedene Interpreten
"Schön war die Zeit"
Disky, 1997

 

 

 

Zarah Leander

Die aus drei Musikkassetten bestehende Anthologie präsentiert Musikgeschichte der anderen Art. Nun mögen Schlager als etwas typisch Deutschsprachiges gelten – auf Französisch kennt man sie als Chansons und meint damit nur französische Folklore, auf Englisch nennt man einen gelungenen Titel einen Hit und meinte damit ursprünglich nur anglistische Musik. Mit der Zeit sind diese Grenzen aber immer mehr verschwommen.

Alles, was sich heutzutage irgendwie verkaufen läßt, ist ein Hit, Chansons werden viele für eine unbekannte französische Weinsorte halten, und Schlager sind das, was auf von Alkoholdämpfen eingenebelten Großfesten und auf den Parties der Jugendcafés christlicher Gemeinden gespielt wird. Aber dürfen Klaus&Klaus, Jürgen von der Lippe und neuerdings sogar solche eitlen Witzfiguren wie übergewichtige Münchner Modeschöpfer oder Quotenidioten aus zweifelhaften Fernsehshows sich überhaupt als Schlagerstars bezeichnen? Mit Kunst hat das nicht mehr das Geringste zu tun.

Lieder wie „Ein Bett im Kornfeld“ und „Du bist so heiß wie ein Vulkan“, bereits auf einem sehr viel höheren Niveau angesiedelt als die der zuvor Genannten, sorgen zweifelsohne für gute Laune, aber ihre Aussagen sind wie billige Pornographie: Einfach zu nackt. Sie haben keinen Zauber.

Wie anders verhält es sich mit der Sammlung „Schön war die Zeit – Unvergeßliche Schlagererfolge“! Hier sind Schlager noch Schlager, in der ureigensten Bedeutung dieses Begriffes. Mag auch der Titel ungeschickt sein, stammen doch die Aufnahmen zum größten Teil aus dem Deutschland der 1930er Jahre – diese Musik ist anders. Nicht alle Lieder sind gut, aber doch die meisten. Texte wie „Komm, spiel mit mir Blindekuh / Das ist keine Sünde, du“ und „Haben Sie schonmal im Dunkeln geküßt / Wenn Sie wüßten, wie bezaubernd das ist“ lassen ihre tieferen Bedeutungen nur erahnen, verstecken sie kunstvoll hinter einer unschuldigen Fassade. Interpreten mit so klangvollen Namen wie Marlene Dietrich, Zarah Leander oder Comedian Harmonists tun ein übriges.

Dank der Grammophonplatten, von denen diese Kassetten zusammengestellt wurden, ist selbst das Knistern dieser Erotik nicht zu überhören. Es trägt wesentlich dazu bei, jedes Abspielen zu einem einzigartigen Genuß zu machen. Das dabei empfundene Gefühl ist ein wenig wie das beim ersten Küssen – geheimnisvoll, etwas anrüchig, vielleicht sogar ein bißchen verboten. Es ist definitiv die einzige Musik, die man naschen kann wie Schokolade.

mp