DEZEMBER
2005

 
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MUSIK



Die Musik zum Fest: Jauchzet, frohlocket
Statt der Musik zum Film ist im Moment wieder einmal die Musik zum Fest angesagt: Neben Schokonikoläusen und Christbaumkugeln, Strohsternen und Lebkuchen teilt auch eine ganz bestimmte Musikgattung das Los, nur einmal im Jahr richtig jauchzen und frohlocken zu dürfen, nämlich das Weihnachtsoratorium. Das wohl bekannteste stammt von Bach, daneben haben aber durchaus auch andere Komponisten die passende musikalische Begleitung zum Christfest geliefert.

Das Oratorium als Gattung ist nicht an sich auf den weihnachtlichen Anlass festgelegt. Wohl aber, zumindest ursprünglich, auf einen geistlichen Hintergrund. So stammt der Begriff auch aus dem Lateinischen, wo er soviel wie Bethaus bedeutete (orare = beten). Es handelt sich um eine im 17. Jahrhundert entstandene Art eines mehrteiligen Gesangsstücks für Solisten, Chor und Orchester, wobei jedoch die zugrundeliegende Handlung im Gegensatz zur Oper nicht szenisch dargestellt wurde und wird. Neben den geistlichen existieren aber auch weltliche Oratorien. Jüngstes Zeichen der völligen Verweltlichung ist wohl das dieses Jahr (2005) in Bochum anlässlich des Kulturprogramms zur WM aufgeführte Fußball-Oratorium.

Doch zurück zum Weihnachtsoratorium, dessen geistlicher Charakter wohl kaum in Frage stehen dürfte. Wird es auch heute hauptsächlich konzertant aufgeführt, so war es früher dazu gedacht, im Gottesdienst gespielt zu werden. Nicht sicher ist allerdings, ob es wirklich vorgesehen war, die Gemeindemitglieder in die Choräle miteinzubeziehen. Auf alle Fälle hatte Johann Sebastian Bach (1685-1750) aber sein Weihnachtsoratorium (BWV 248) in der Barockzeit so konzipiert, dass die sechs Teile jeweils an den drei Weihnachtsfeiertagen, dem Neujahrstag, dem Sonntag nach Neujahr und dem Dreikönigsfest im Gottesdienst zur Aufführung gebracht werden sollten. So handeln die Teile auch von aufeinanderfolgenden Stationen der Weihnachtsgeschichte, angefangen von Jesu Geburt, der Nachricht an die Hirten und dem Besuch der Hirten nach dem Lukasevangelium bis zur Beschneidung Jesu, seiner Verehrung und der Verfolgung durch den König Herodes. Neben Solisten und Chor, Streichern und Basso Continuo kommen Hörner, Trompeten und Oboen zum Einsatz. Dass Bach übrigens viele Teile im Parodieverfahren aus seinen bereits bestehenden weltlichen Kompositionen übernommen hat, hat der Beliebtheit des Werkes keinen Abbruch getan und war aus damaliger Sicht, die die Einheit aller Musik hervorhob und sie gleichzeitig als Handwerk betrachtete, nicht ehrenrührig, sondern eher üblich. Und auch nicht ohne praktischen Grund: Schließlich musste Bach als Kantor in Leipzig laufend neue Werke zur Aufführung bereitstellen und hat dort in den Anfangsjahren wohl eine Kantate pro Woche produziert.

Ein weiteres bekanntes Weihnachtsoratorium stammt von dem Franzosen Camille Saint-Saëns (1835-1921) und fällt damit bereits in die Romantik. Dennoch trägt das Präludium den Untertitel "Im Stil Sebastian Bachs" und nimmt damit auf den berühmten Vorgänger Bezug. Ebenfalls auf das Lukasevangelium gestützt, werden jedoch auch Auszüge aus dem Johannesevangelium, den alttestamentarischen Psalmen oder Jesaja aufgegriffen und beleuchten die Ankunft Christi aus der Perspektive der Vorhersagen im Alten Testament. Bei den Instrumenten erscheinen Variationen, wie z. B. das Auftauchen der Harfe und der Wegfall der Bläser. Daneben haben u. a. Georg Phillip Telemann (1681-1767) zu ähnlicher Zeit wie Bach oder der sich fast ausschließlich protestantischer Kirchenmusik widmende Heinrich Schütz (1585-1672) bereits etwas früher Weihnachtsoratorien komponiert. Weitere Namen wären Cartellieri, Gebel oder Stölzel, die wohl allerdings etwas weniger bekannt sein dürften. Alles in allem sieht man aber, dass nicht nur die Wahl der Gänge des Weihnachtsmenüs einer sorgfältigen Auswahl bedarf, sondern dass man sich ebenso ein paar Gedanken um die Musik zum Fest machen kann.

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