Im Lateinischen heißt es "Nomen est omen" (Der Name 
            ist ein Vorzeichen). Aber ist es wirklich so, dass der Name einer 
            Person oder einer Sache schon Schlüsse auf den Namensträger 
            zulässt? Besonders interessant ist diese Frage, wenn es sich 
            um neu erfundene Eigennamen handelt, z. B. um Markennamen.
            
            Doch zunächst einmal einige allgemeine linguistische Überlegungen 
            zum Problem der Eigennamen, denn natürlich stellt sich auch der 
            Sprachwissenschaftler die obige Frage. Allerdings formuliert er sie 
            etwas anders: Hat der Eigenname eine Bedeutung wie alle anderen Wörter 
            einer Sprache, oder eher nicht? Anscheinend gibt es einen Unterschied: 
            So teilen alle Personen oder Dinge, die mit einem allgemeinen Substantiv 
            (z.B. "Arzt") bezeichnet werden können, in der Regel 
            gewisse Eigenschaften (hilft Kranken, trägt weißen Kittel, 
            ...). Dies ist für Eigennamen z. B. für die Gesamtheit aller 
            "Annas" durchaus nicht der Fall. "Anna" hat lediglich 
            die Bedeutung "Person, die den Namen Anna trägt". Darüber 
            hinaus können die Namensträger aber sehr unterschiedlich 
            sein: Man könnte sich ja sogar eine Katze und ein Mädchen 
            vorstellen, die beide "Anna" heißen, die aber offensichtlich 
            nicht viele Gemeinsamkeiten haben. Vom Namen auf Charakterzüge 
            oder Eigenschaften zu schließen funktioniert also jedenfalls 
            im Normalfall nicht.
            
            Es sei denn, es handelt sich nun um bewusst gewählte Spitznamen 
            oder sogenannte sprechende Namen in der Literatur. Hier erfindet der 
            Schriftsteller mit Absicht einen Namen, dessen Klangbild oder dessen 
            Bestandteile schon etwas über den Bezeichneten aussagen. So kommt 
            es nicht von ungefähr, wenn in Schillers Drama "Kabale und 
            Liebe" der dümmliche Hofmarschall "Kalb" heißt, 
            und damit von Anfang an gewisse Assoziationen mit dem Namen geweckt 
            werden.
            
            Gerade solche Assoziationen macht sich heutzutage auch die Wirtschaft 
            bei der Wahl der oben bereits angesprochenen Markennamen gerne zu 
            Nutze. Diese sind nicht zuletzt auch deshalb so interessant, weil 
            es professionelle Namensdesigner gibt und jeder Markenname ein kleines 
            linguistisches Kunstprodukt darstellt. Diese Kreationen sind zudem 
            noch bares und nicht gerade wenig Geld wert. Für eine gelungene 
            Neuschöpfung kann der Profi schon mal um die 100 000 Euro einstreichen. 
            Dafür ist aber die Prozedur bis ein neuer klangvoller und vor 
            allem passender Name angemeldet werden kann alles andere als einfach. 
            Die aus Brainstormings und Wörterbuchrecherchen hervorgegangenen 
            Namensvorschläge werden unter Zuhilfenahme von Computern zu mehreren 
            tausend Prototypen gemixt. Von diesen bleiben letztendlich ca. 8 übrig, 
            die dann juristisch geprüft werden, ob sie schon geschützt 
            sind. Außerdem muss sich der Namenserfinder vor ungewollten 
            Assoziationen in anderen Sprachen in Acht nehmen. Das Automodell Fiat 
            Uno soll z.B. in Finnland eher ein Flop gewesen sein, ganz einfach 
            deshalb, weil "uno" auf Finnisch soviel wie "Trottel" 
            bedeutet! Im Regelfall erinnert die Marke natürlich eher an eine 
            positive Seite des Produkts.
            
            Ein weiteres schönes Beispiel, dass die anklingende Bedeutung 
            im Namen nicht sehr viel mit der Realität zu tun haben muss, 
            ist die geplante Klage des Bundesvereins für Tierschutz gegen 
            einige Supermärkte. Diese suggerieren mit wohlklingenden Markennamen 
            wie "Ländli" oder "Gut Frielingshof" dem 
            Käufer, die Legebatterieeier kämen von glücklichen 
            Freilandhühnern. Hier profitiert die Werbewelt offensichtlich 
            von den Assoziationen der Kunden, die trotz dem fehlenden Bezug von 
            Name und Bezeichnetem entstehen.
            
            Es scheint also, dass Namen eher in Ausnahmefällen ein Omen sind, 
            und dass für den Rest wohl die Redensart "Namen sind nur 
            Schall und Rauch" treffender ist.
            
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