MÄRZ
2002

 
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SPRACHE

 

Nomen est Omen?

Im Lateinischen heißt es "Nomen est omen" (Der Name ist ein Vorzeichen). Aber ist es wirklich so, dass der Name einer Person oder einer Sache schon Schlüsse auf den Namensträger zulässt? Besonders interessant ist diese Frage, wenn es sich um neu erfundene Eigennamen handelt, z. B. um Markennamen.

Doch zunächst einmal einige allgemeine linguistische Überlegungen zum Problem der Eigennamen, denn natürlich stellt sich auch der Sprachwissenschaftler die obige Frage. Allerdings formuliert er sie etwas anders: Hat der Eigenname eine Bedeutung wie alle anderen Wörter einer Sprache, oder eher nicht? Anscheinend gibt es einen Unterschied: So teilen alle Personen oder Dinge, die mit einem allgemeinen Substantiv (z.B. "Arzt") bezeichnet werden können, in der Regel gewisse Eigenschaften (hilft Kranken, trägt weißen Kittel, ...). Dies ist für Eigennamen z. B. für die Gesamtheit aller "Annas" durchaus nicht der Fall. "Anna" hat lediglich die Bedeutung "Person, die den Namen Anna trägt". Darüber hinaus können die Namensträger aber sehr unterschiedlich sein: Man könnte sich ja sogar eine Katze und ein Mädchen vorstellen, die beide "Anna" heißen, die aber offensichtlich nicht viele Gemeinsamkeiten haben. Vom Namen auf Charakterzüge oder Eigenschaften zu schließen funktioniert also jedenfalls im Normalfall nicht.

Es sei denn, es handelt sich nun um bewusst gewählte Spitznamen oder sogenannte sprechende Namen in der Literatur. Hier erfindet der Schriftsteller mit Absicht einen Namen, dessen Klangbild oder dessen Bestandteile schon etwas über den Bezeichneten aussagen. So kommt es nicht von ungefähr, wenn in Schillers Drama "Kabale und Liebe" der dümmliche Hofmarschall "Kalb" heißt, und damit von Anfang an gewisse Assoziationen mit dem Namen geweckt werden.

Gerade solche Assoziationen macht sich heutzutage auch die Wirtschaft bei der Wahl der oben bereits angesprochenen Markennamen gerne zu Nutze. Diese sind nicht zuletzt auch deshalb so interessant, weil es professionelle Namensdesigner gibt und jeder Markenname ein kleines linguistisches Kunstprodukt darstellt. Diese Kreationen sind zudem noch bares und nicht gerade wenig Geld wert. Für eine gelungene Neuschöpfung kann der Profi schon mal um die 100 000 Euro einstreichen. Dafür ist aber die Prozedur bis ein neuer klangvoller und vor allem passender Name angemeldet werden kann alles andere als einfach. Die aus Brainstormings und Wörterbuchrecherchen hervorgegangenen Namensvorschläge werden unter Zuhilfenahme von Computern zu mehreren tausend Prototypen gemixt. Von diesen bleiben letztendlich ca. 8 übrig, die dann juristisch geprüft werden, ob sie schon geschützt sind. Außerdem muss sich der Namenserfinder vor ungewollten Assoziationen in anderen Sprachen in Acht nehmen. Das Automodell Fiat Uno soll z.B. in Finnland eher ein Flop gewesen sein, ganz einfach deshalb, weil "uno" auf Finnisch soviel wie "Trottel" bedeutet! Im Regelfall erinnert die Marke natürlich eher an eine positive Seite des Produkts.

Ein weiteres schönes Beispiel, dass die anklingende Bedeutung im Namen nicht sehr viel mit der Realität zu tun haben muss, ist die geplante Klage des Bundesvereins für Tierschutz gegen einige Supermärkte. Diese suggerieren mit wohlklingenden Markennamen wie "Ländli" oder "Gut Frielingshof" dem Käufer, die Legebatterieeier kämen von glücklichen Freilandhühnern. Hier profitiert die Werbewelt offensichtlich von den Assoziationen der Kunden, die trotz dem fehlenden Bezug von Name und Bezeichnetem entstehen.

Es scheint also, dass Namen eher in Ausnahmefällen ein Omen sind, und dass für den Rest wohl die Redensart "Namen sind nur Schall und Rauch" treffender ist.

bk