SEPTEMBER
2007

 
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SPRACHE


Die Floskel – ein Mauerblümchen?
 

Lust oder Last? Erfreuliche Zier oder unnützer Tand? An den Floskeln und Füllwörtern unserer Sprache scheinen sich die Geister zu scheiden. Während sie von Stilratgebern und Lehrbüchern verteufelt werden, finden sich auf der anderen Seite eingefleischte Liebhaber, die sich schon mal zu einem Füllwörter-Benutzer-Club zusammengeschlossen haben oder auf Internetseiten ganze Floskelsammlungen zusammenstellen.

Immerhin stammt der Name der Floskel von einem durchaus positiv besetzen Begriff ab. Im Lateinischen bedeutet nämlich "flosculus" Blümchen, was aber gleichzeitig auf die eher ausschmückende Eigenart und damit inhaltliche Unwichtigkeit der Floskel hinweist. Allgemein wird sie als inhaltsarmes Sprachfüllsel oder stereotype Äußerung, über deren Sinn die Verwender nicht mehr nachdenken, definiert und oft als mehr oder weniger gleichbedeutend mit Plattitüde und Gemeinplatz eingestuft. Auch der Gemeinplatz, der zwar in der antiken Tradition der Rhetorik noch als sinnvolle allgemeingültige Schematisierung von Themen nach immer wieder verwendbaren Aspekten betrachtet wurde, wird heute als erkenntnisfreie Redensart umschrieben. Gerade Redensarten rücken häufig in die Nähe von Floskeln, da es sich hier um sprichwörtliche, also im kollektiven Bewußtsein übliche und nur noch formelhaft reproduzierte Wendungen handelt. In diesem Fall hat die Floskel die Form eines ganzen Satzes, wie "Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt wie's ist" oder "Herein, wenn es kein Schneider ist" (weitere Beispiele s. www.allgemeinplaetze.de). Andererseits werden teilweise auch einzelne Füllwörter, wie z. B. "quasi", "sozusagen", "durchweg" oder "solchermaßen" mit unter den Begriff der Floskel gefasst.

Warum aber, wenn sie doch keinen speziellen Inhalt transportieren, verwenden wir dann Floskeln? Ihre Berechtigung haben die Floskeln zumindest zum Teil in unserer Kommunikation trotzdem. Sie tragen zwar nichts zum Inhalt bei, können aber dennoch beeinflussen, wie eine Aussage beim Adressaten ankommt. Man denke nur an die sogenannten Höflichkeitsfloskeln ("Wie geht's denn so – Es läuft. Und selbst" u. ä.), die oft nur noch formelhaft gebraucht werden. Genauso kann man sich durch bestimmte, z. B. eher scherzhafte Floskeln, in einer Gruppe situieren (Beispiele s. Floskelsammlung auf den Seiten: www.gehmirnichtaufdensack.de oder www.mamas-klassiker.de). Floskeln können also eine Kontaktfunktion erfüllen.

In bestimmten Verwendungszusammenhängen scheinen sich durch inflationäre oder sinnlos beschönigende, formelhafte Benutzung zu Floskeln gewordene Ausdrücke wieder mit neuer Bedeutung zu füllen. Für bestimmte Kreise werden dann gewisse Floskeln zu entlarvenden Schlüsselwörtern, die gerade umso eindeutiger auf das hinweisen, was durch die Floskel überspielt werden sollte. So kann man in einem halb scherzhaften, aber sicherlich nicht ganz unzutreffenden TV-Floskel-Nachschlagewerk sehen, wie es eigentlich jedem bei der floskelhaften Ankündigung einer "Weltpremiere" im Fernsehen klar sein sollte, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nur um eine "Billige Eigenproduktion, aufgebaut auf Sex- oder Katastrophen-Klischees" handeln kann (www.tvforen.de). Ein weiteres eindrückliches Beispiel für dieses Phänomen sind die Standardfloskeln, die in Arbeitszeugnissen verwendet werden. Durch formelhaften Gebrauch ihrer eigentlichen Bedeutung beraubt, lassen sie jeden Chef letztlich doch genau erkennen, welche Tatsache nicht offen genannt werden sollte ("bemühte sich um Sorgfalt" = "war eigentlich eher nachlässig"). Dadurch wird letztlich also die groteske Entleerung des Wortes ins Gegenteil verkehrt.

Unnütz ist die Floskel durch ihre erwähnte Kontaktfunktion trotz ihrer relativen Inhaltsleere nicht, zumindest nicht immer. Wer darüber hinaus die Floskel auch als rein schmückendes Wortblümchen hegen und pflegen möchte, der kann dem Club der Füllwörterbenutzer (http://home.arcor.de/fbc-club/) beitreten, in einem Psycho-Test der Süddeutschen Zeitung feststellen, welcher Floskel-Typ er ist (http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/376983) oder sich seine Lieblingsfloskel vom Floskelgenerator zusammenbasteln lassen (http://ddahlke.de/misc/floskeln.html).

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