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Serge Gainsbourg - der "bad boy" des französischen Chansons
Serge Gainsbourg
* 1928 Paris
+ 1991 Paris
 
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Serge Gainsbourg hat zweierlei Dinge immer gewußt: In seinem Musikstil mit der Zeit zu gehen und durch handfeste Skandale auf den Titelseiten der Zeitungen zu bleiben. Er verbrannte im Fernsehen einen 500-FF-Schein, er schrieb eine Reggae-Version von Frankreichs Nationalhymne, und er erschien halbnackt mit seiner 14-jährigen Tochter im Video zu "Lemon incest". All dies kann aber nicht davon ablenken, daß Serge Gainsbourg ein großartiges Talent besaß: Er war Poet, Schriftsteller, Schauspieler, Regisseur und Maler, vor allem aber Musiker und Komponist. Heute, 10 Jahre nach seinem Tod, sind seine Lieder im französischen Radio präsent wie eh und je.

Lucien Ginsburg

Lucien Ginsburg wird 1928 in Paris als Sohn russisch-jüdischer Emigranten geboren. Sein Vater tritt als Jazzmusiker auf, so daß auch Lucien früh Klavierspielen lernt. Während des Terrors der deutschen Besatzung kann die Familie in die zone libre flüchten. Nach dem Krieg tritt Lucien der Kunsthochschule bei: Schon lange zeichnet und malt er, kann dabei aber seinem Perfektionsdrang nie gerecht werden. 1951 heiratet er; die Ehe wird sechs Jahre halten. Ginsburg unterrichtet Zeichnen, malt Kinowerbeplakate und spielt Piano und Gitarre in den Bars. 1954 veröffentlicht er seine ersten Lieder unter dem Pseudonym Julien Grix.

Serge Gainsbourg

1958 beschließt Ginsburg, mit dem Malen endgültig aufzuhören, und nimmt den Namen Serge Gainsbourg an: Gainsbourg als Hommage an den englischen Maler Gainsborough, Serge als Unterstreichung seiner russischen Wurzeln. Er lernt den Schriftsteller Boris Vian kennen, der ihm das nötige Selbstvertrauen gibt, seine eigenen Texte zu schreiben und zu singen. Schließlich nimmt ihn Philips unter Vertrag. Seinen ersten Erfolg hat Gainsbourg mit "Le poinçonneur des Lilas". Doch schon bald beginnt er, für andere zu schreiben, im besonderen für Juliette Gréco. 1964 heiratet Gainsbourg erneut. Das Paar bekommt zwei Kinder, aber auch diese Ehe hält nicht lange.

France Gall

Anfang der sechziger wird die französische Musiklandschaft von der yéyé-Welle bestimmt. Gainsbourg experimentiert nach seinem jazzigen Album mit afro-kubanischen Rhythmen, doch trotz aller Provokationen erscheint er der Jugend zu intellektuell. Dies ändert sich, als er auf die blutjunge France Gall trifft und ihr einige Lieder schreibt, darunter das bekannte "Les Sucettes". Die Zweideutigkeit dieses Titels ("Annie aime les sucettes / Les sucettes à l'anis") wird von France Gall in ihrer Unschuld übersehen. 1965 gewinnt sie mit Gainsbourgs "Poupée de cire, poupée de son" den Prix Eurovision de la chanson. Gainsbourg schreibt unter anderem für Régine, Valérie Lagrange, Petula Clark, Marianne Faithfull - und für Brigitte Bardot. Eine Tournee mit der Sängerin Barbara wird 1965 zum Fiasko, so daß Gainsbourg in den nächsten 14 Jahren nicht mehr auftreten wird.

Brigitte Bardot

In den 60er und 70er Jahren ist Gainsbourg viel in Film und Fernsehen zu sehen, wenn auch ohne Bedeutung für die Nachwelt. Er schreibt Soundtracks und dreht Werbefilme. Als Brigitte Bardot und Gainsbourg sich auf einem Filmdreh wiedersehen, werden sie für einige Monate ein Paar. Kurz hintereinander entstehen "Harley Davidson", "Comic strip", das Duo "Bonnie and Clyde" und "Je t'aime moi non plus". Dieser letzte Titel wird von den beiden zwar aufgenommen, aber auf Bardots Bitte nicht veröffentlicht. Als die Affäre zerbricht, schreibt Gainsbourg den düsteren Song "Initials B.B.".

Jane Birkin

Ende der 60er Jahre hat Gainsbourg Erfolg in ganz Europa und in den USA. 1968 trifft er die 22jährige englische Schauspielerin Jane Birkin. Birkin nimmt vier Titel von Gainsbourg auf, weitere werden folgen. Die beiden veröffentlichen eine neue Version von "Je t'aime moi non plus", die wie zu erwarten einen Skandal hervorruft: "Je vais et je viens / Entre tes reins..." Viele Länder verbieten den Titel, aber er wird trotzdem bis zum Exzeß gespielt. Ein Jahr nach der Geburt ihrer Tochter Charlotte heiratet das Paar 1972.

La Marseillaise

Nach einer ersten Herzattacke beginnt Gainsbourg, sich das Bild eines schlechtrasierten, trinkenden, rauchenden Provokateurs zu geben. 1975 läßt er wieder viel von sich reden: Erst mit dem Album "Rock around the bunker", das sich mit der Nazi-Zeit beschäftigt, dann mit seinem Film "Je t'aime moi non plus". Sein nächstes Album verwendet in Europa noch unbekannte Reggae-Rhythmen. Eine Reggae-Version der "Marseillaise" provoziert einen Skandal bis hin zu Morddrohungen. Trotzdem wird "Aux armes et caetera" im Radio rauf- und runtergespielt. 1979 tritt Gainsbourg erstmals wieder auf; es folgt eine triumphale Tournee.

Charlotte Gainsbourg

1980 verläßt Jane Birkin Serge Gainsbourg. Gainsbourgs dunkle Seite "Gainsbarre" nimmt nun Überhand, er verfällt immer mehr dem Alkohol. Mit Catherine Deneuve nimmt er "Dieu est un fumeur de havanes" auf. 1981 lernt er die 21-jährige Bambou kennen; ein paar Jahre später bekommen die beiden einen Sohn. Gainsbourgs nächstes Album "Love on the beat" inspiriert sich vom New-Yorker funk und wird sein meistverkauftes. Es enthält ein Duo mit seiner Tochter Charlotte, "Lemon incest". Wenig später schreibt Gainsbourg ihr ein Album und einen Film mit dem Titel "Charlotte Forever".

Gainsbarre

1988 kehrt Gainsbourg trotz angeschlagener Gesundheit noch einmal auf die Bühne zurück. Er schreibt ein erfolgloses Album für Bambou und ein erfolgreiches für Vanessa Paradis. Als er an der Leber operiert werden muß, verzichtet er endlich auf den Alkohol. Zwei Jahre später stirbt er in seinem Zimmer an einem Herzinfarkt. Mehrere Tage lang defilieren die Leute vor seinem Haus, und das Portrait Gainsbourgs erscheint auf den Titelseiten aller Zeitungen. Frankreich hat einen seiner größten Chansonniers verloren.

aw