MAI 01
 
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SPRACHE

 

Was heißt'n das: Castor

Ca-stor

siehe auch Castor bei Rubens



Wer ein Wort erklärt haben möchte,
schicke es an @ceryx.de.

Aus aktuellem Anlaß hat sich Ceryx gefragt: Wer war eigentlich Castor, und was hat er mit radioaktivem Abfall zu tun?

Castor, oder treffender griechisch Kastor, darf eigentlich gar nicht ohne seinen Zwillingsbruder Pollux bzw. Polydeukes erwähnt werden. Es handelt sich hier um die Söhne der Leda (das ist die berüchtigte Dame mit dem Schwan), die unzertrennlich und weithin für ihre Kampfkraft und Sportlichkeit bekannt waren. Angeblich soll Kastor der Sohn von Ledas (sterblichem) Ehemann Tyndareus gewesen sein, während Polydeukes auf einen Seitensprung mit dem Göttervater Zeus zurückzuführen ist - was ihn zu einem Halbgott und somit unsterblich macht.

Bei der Entführung der Töchter des Leukippos, von Rubens beeindruckend in Szene gesetzt, geraten die Brüder in einen handgreiflichen Streit, in dem der sterbliche Kastor getötet wird. Polydeukes gibt daraufhin seine Unsterblichkeit auf, um nicht von seinem Bruder getrennt sein zu müssen. Vater Zeus findet einen Kompromiß und läßt beide fortan je einen Tag im Olymp und einen Tag in der Unterwelt leben. Später macht er aus ihnen das Sternbild Gemini - die Zwillinge, verantwortlich für das gleichnamige Tierkreiszeichen und noch heute am Winterhimmel der nördlichen Hemisphäre sichtbar.

Trotz der wirren Verwandtschaftsverhältnisse taucht das Geschwisterpaar in der antiken Mythologie gemeinhin als Dioskuren (Dioskouroi) auf, was "Söhne des Zeus" bedeutet. Man rief sie in Seenot an oder opferte ihnen, um günstige Winde für eine Seereise zu bekommen. Angeblich eilten sie um das Jahr 484 v.Chr. den Römern in der Schlacht am Regillischen See zur Hilfe und verhalfen ihnen zum Sieg, woraufhin man sie mit einem eigenen "Tempel der Dioskuren" ehrte. Überreste davon sind die drei markanten, hohen Säulen auf dem Forum Romanum, die zu dessen Wahrzeichen wurden. Auch auf frühen Münzen des Römischen Reiches und in der antiken Bildhauerei sind die Brüder ein beliebtes Motiv. Meistens werden sie als berittene Jünglinge mit Helm und Lanze dargestellt.

Schön und gut, aber wie wurde Kastor alias Castor zum Paten jener umstrittenen Transporte? Die Antwort ist ebenso schwierig zu finden wie banal und einfach. Der im Altertum vielgerühmte Name wurde schlichtweg zu einer langweiligen Abkürzung: "Cask For Storage And Transport Of Radioactive Material" - Behälter zur Lagerung und zum Transport radioaktiven Materials. Immerhin wagte man es nicht, die unzertrennlichen Zwillingsbrüder zu trennen: Während "Castor-Behälter" zum Transport des strahlenden Abfalls dienen, werden die Behälter zur endgültigen Einlagerung als "Pollux-Behälter" bezeichnet. Diese Einteilung ist willkürlich, sie unterscheiden sich nur in der Konstruktion. Beide können sowohl zum Transport als auch zur Lagerung eingesetzt werden - ungleiche Zwillinge eben.

Eine Frage bleibt. Mußten die Ingenieure ihren Container ausgerechnet nach dem sterblichen der beiden Brüder benennen? Wollen wir hoffen, daß das als Anspielung auf den Inhalt zu verstehen ist, der wenigstens theoretisch irgendwann aufhören sollte zu strahlen - und nicht etwa auf den Behälter.

So - und warum Kastor (kastwr) auf Altgriechisch auch noch "der Biber" bedeutet, können wir beim besten Willen auch nicht erklären.

mp